Das entspannte Studentenleben ist Geschichte. Denn unter Abiturienten grassiert die Angst - davor, keinen Studienplatz mehr zu bekommen.

Stuttgart - Das gute alte Studentenleben ist Geschichte. Der Druck auf Abiturienten, möglichst sofort ein Studium aufzunehmen, hat zugenommen. Denn der Wegfall der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge - aktuell in Bayern, nächstes Jahr auch in Baden-Württemberg - schüren die Angst, beim Wettbewerb um einen Studienplatz das Nachsehen zu haben. Nicht nur die Zahl der Bewerber hat Rekordhöhen erreicht, auch die Zahl der eingeschriebenen Studenten nimmt zu. Dies bestätigt Holger Bauknecht, der Leiter des Dezernats für Studium und Promotion an der Uni Stuttgart.

 

"Wir erleben, dass bei den Bewerbern schon die Nerven blank liegen", berichtet Bauknecht. "Die Angst, nicht unterzukommen, ist groß." Entsprechend stark war der Bewerberansturm - er lag um 40 Prozent höher als im Vorjahr. Viele hätten sich mehrfach beworben. Doch dies allein lässt noch keine Aussage darüber zu, wie viele von ihnen sich tatsächlich für die Uni Stuttgart entscheiden. Allerdings hätten sich bereits jetzt 3200 Anfänger eingeschrieben - 1000 mehr als genau vor einem Jahr.

2012 wird es noch enger

Wie viele noch dazustoßen werden, ist auch für Bauknecht eine spannende Frage. "Denn ein Drittel unserer Studiengänge ist nicht beschränkt." Dort können sich Interessenten noch bis 15. September bewerben. "Wir raten den jungen Leuten: Wenn du jetzt schon kommen kannst, komm lieber jetzt - denn 2012 wird's noch enger." Dass schon jetzt die Numerus-clausus-Fächer zu zehn Prozent überbucht sind, stelle für die Uni "kein Problem dar", versichert Bauknecht. Denn man habe die Stundenpläne und die Belegung der Hörsäle im Blick auf 2012 bereits optimiert.

"Wir haben 2011 als Testfall angesehen, das kommt uns jetzt zugute." So werde der Vorlesungsbetrieb schon im Wintersemester von 8 bis 20 Uhr laufen. "Wir haben angekündigt, dass wir notfalls auch samstags Vorlesungen anbieten müssen." Als entlastend für die Wohnraumsituation sieht Bauknecht, dass die meisten Studierenden der Uni Stuttgart "aus dem S-Bahn-Bereich kommen" - also nicht zwingend eine neue Bleibe suchen müssen.

10.000 Studenten an der Uni Hohenheim?

Auch an der Uni Hohenheim hat man sich auf den Studentenboom eingestellt: Ein Hörsaalmanager und Belegungskontrollen durch beauftragte Studenten sollen dazu beitragen, dass der knappe Platz optimal genutzt wird. "Wir erwarten insgesamt 9000 Studierende", sagt die Pressesprecherin Johanna Lembens-Schiel - mindestens 200 mehr als im Vorjahr. Die große Herausforderung kommt jedoch erst 2012: Dann peilt Hohenheim die 10.000er-Marke an - und hofft auf einen neuen großen Hörsaal. Wie Mensa, Bibliothek und Labors den Ansturm bewältigen werden, ist derzeit allerdings noch offen.

An der Hochschule für Technik (HfT) in der Stadtmitte rechnet man im Wintersemester nach dem Bewerberboom von 6600 Interessenten mit 400 bis 500 zusätzlichen Studierenden - dann wären es insgesamt 3500. Für die HfT ist das eine Herausforderung: "Es wurden zwar im Rahmen des Ausbauprogramms 2012 zusätzliche Studiengänge eingerichtet und Personal eingestellt, aber in der Verwaltung wurde nichts aufgestockt", berichtet Andrea Hartl, die Referentin des Rektorats. Für das Zulassungsverfahren habe man zwar zwei Monate lang Aushilfen beschäftigt, doch die zusätzlichen Studierenden müssten ja auch während ihres Studiums, etwa bezüglich der Prüfungen, betreut und beraten werden. Auch im Blick auf die Raumkapazitäten sei man "über dem Anschlag - wir belegen auch die Abendstunden. Wenn wir keine weiteren Flächen zum Anmieten finden, müssen wir spätestens nächstes Jahr auch den Samstag und möglicherweise auch den Sonntag belegen", so Hartl.

Weitere Räume anmieten als Lösung

An der Hochschule der Medien (HdM) steigt die Zahl der Studenten aufgrund des Ausbauprogramms um 84 - auf insgesamt knapp 4000. Alle Fächer seien zulassungsbeschränkt. "Allerdings steigen durch die hohe Zahl der Bewerbungen die Anforderungen an die Bewerber", erklärt die Pressesprecherin Kerstin Lauer. Um einen Platz zu bekommen, müsse man bessere Noten haben oder länger warten. Dennoch wird es eng. "Wir kommen an unsere Grenzen und wollen mehr Flächen anmieten", so Lauer. Der vom Finanzministerium bewilligte Neubau soll aber voraussichtlich erst Ende 2013 fertig werden.