Auf der Stuttgarter Bürgermeisterbank bahnt sich ein Wechselspiel an. Nach dem Weggang von Susanne Eisenmann könnte ein Referat für Bildung und Jugendhilfe gebildet werden. OB Kuhn will in Kürze Vorschläge unterbreiten.

Stuttgart - Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat die Gespräche über die Änderung von Zuständigkeiten seiner Bürgermeister aufgenommen. Hintergrund ist das Ausscheiden der bisherigen Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport, Susanne Eisenmann (CDU), die nun Kultusministerin ist. Vor der Sommerpause wird Kuhn einen Vorschlag machen, über den im Gemeinderat Einvernehmen hergestellt werden muss. Auf dieser Grundlage wird die Ausschreibung des vakanten Bürgermeisterpostens erfolgen.

 

Kuhn ließ sich bisher nicht in die Karten schauen. Für wahrscheinlich halten Stadträte, dass er seinen „Gemischtwarenladen“ mit Stabsstellen für ausländische Beziehungen, Kinderbüro oder Integration „entrümpelt“. Im Rathaus fragt man sich schon lange, warum der OB die Stabsstellen seines Vorgängers Wolfgang Schuster (CDU) übernommen hat, in denen Aufgaben verwaltet werden, die in den Fachämtern mindestens so gut erledigt werden könnten.

Übernimmt Fritz Kuhn das Kulturamt?

Im Gemeinderat rechnet man fest damit, dass Kuhn seinen Sternchenthemen Mobilität und Wohnen zu größerer Bedeutung verhelfen will. Das hatte die SPD übrigens 2015 im Zusammenhang mit der Wahl des Baubürgermeisters vorgeschlagen. Ob er dazu noch das Kulturamt übernimmt? Derzeit leitet er die Behörde kommissarisch, allerdings hat man ihn gewarnt, sich als Problemlöser selbst für die kleinste Einrichtung anzubieten. Die großen Kulturthemen wie die Sanierung der Oper oder die Debatten über Museumsbauten seien doch ohnehin Chefsache.

Im Gespräch ist außerdem die Bündelung der Behörden, die sich um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen kümmern. Heute zählt das Jugendamt zum Sozialressort von Isabel Fezer. Es kümmert sich um die Kitas, Erzieherinnen, Tageseinrichtungen, Ganztagsschulen und die Jugendhilfe. Das Schulverwaltungsamt ist dem bisherigen Eisenmann-Referat Kultur, Bildung und Sport zugeordnet und verantwortlich für Schul(neu)bauten, Rektoratssekretärinnen, Hausmeister, die Schulentwicklungsplanung sowie Schülerbeförderung und Schulkindbetreuung.

Ex-OB Schuster fühlte sich auch für Kinder und Jugendliche zuständig

Die Notwendigkeit, ein „abgestimmtes System von Bildung, Betreuung und Erziehung aufzubauen“, lässt sich allein daran erkennen, dass Schuster mit diesem Argument bei sich eine (nicht sehr aktive) Stabsstelle Bildungspartnerschaft und ein Kinderbüro gegründet hat und Kuhn diese fortführt – offenbar, weil es Fezer und Eisenmann an der Fähigkeit zur Kooperation mangelte.

Doch wer wird neuer Bildungsbürgermeister? Denkbar wäre, dass der Verwaltungsbeigeordnete Werner Wölfle (Grüne) diese Funktion übernimmt und – als ehemaliger Sportsprecher seiner Fraktion – auch noch das Sportamt managt. Gehandelt wird für diese Stelle auch Isabel Fezer. Sie gilt nach Aussagen von Stadträten aber gegenwärtig im Sozialbereich als eher unabkömmlich. OB Kuhn soll gerade wegen der Organisation der Flüchtlingshilfe – Fezer leitet die zuständige „Task Force“ – große Stücke auf sie halten. Diese Aufgabe wird nicht kleiner. Das Referat könnte sinnvollerweise das bisher beim Kämmerer Michael Föll angesiedelte Jobcenter übernehmen sowie die Stabsstelle Integration.

Übernimmt Kämmerer Föll das Klinikum?

Föll müsste dann entlastet werden, da er wohl auch die Abteilung Wirtschaftsförderung von Kuhn übernimmt – und den wegen des Defizits, der Trennung vom Geschäftsführer und dem Abrechnungsskandal mit libyschen Kriegsversehrten in die Schlagzeilen geratenen Eigenbetrieb Klinikum. Letzteres lehnt SPD-Fraktionschef Martin Körner ab. Wölfle dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. „Das Klinikum zu übernehmen, wäre ein großes Entgegenkommen der CDU zum Wohle der Stadt“, so Fraktionschef Alexander Kotz. Eine weitere Änderung, die den Finanzbürgermeister betreffen würde: sein Liegenschaftsamt übernimmt die Verwaltung der Schulgebäude. Würde die Wahl auf Werner Wölfle als neuer Bildungsbürgermeister fallen, stünde sein Posten zur Disposition und müsste vor der Sommerpause ausgeschrieben werden. Wie berichtet, hat die CDU einen Anspruch auf den Posten angemeldet. Das Wölfle-Ressort käme Fraktionschef Kotz, der sich nicht selbst bewerben wird, gerade recht. Mit der Allgemeinen Verwaltung sowie mit Fölls Finanzressort würde die Union beide Querschnittsreferate besetzen, die bei jeder wichtigen Entscheidung im Rathaus gefragt werden müssen.

Streit um Vorschlagsrecht und Bürgermeisterposten

Das Vorschlagsrecht stehe eindeutig der CDU zu, betont Kotz mit Verweis auf die Gemeindeordnung und eine Expertise des Regierungspräsidiums Freiburg. Die Regelung enthalte das Gebot, bei der Wahl von Beigeordneten die Vorschläge von „Parteien und Wählervereinigungen“ zu berücksichtigen. Das Vorschlagsrecht ergebe sich aus der Sitzverteilung und solle sicherstellen, dass sich der Wählerwillen in der Besetzung der Beigeordnetenstellen spiegele.

Eine Ausdehnung auf Fraktionsgemeinschaften wie etwa SÖS-Linke-Plus entspreche nicht dem Grundgedanken der Regelung, heißt es in dem Papier. Dass GrünSchwarz mit 31 von 60 Stimmen fünf von sieben Bürgermeister stellen wollte, aber auch nicht, kontert der SPD-Chef Körner. Gegen ein Vorschlagsrecht der vierköpfigen Fraktion der Freien Wähler spricht nach Ansicht der CDU, dass diese mit Fezer bereits eine Vertreterin auf der Bürgermeisterbank haben. Fezer ist zwar Mitglied der FDP, der Freie-Wähler-Fraktionschef Jürgen Zeeb hatte aber 2010 gemeinsam mit den Liberalen für die Kandidatin aus Konstanz getrommelt, und in seinen Reden ist er stets voll des Lobes über „seine“ Bürgermeisterin.