Wir arbeiten in der virtuellen Wolke und merken es kaum. Auch für Firmen ist Cloud Computing längst ein Geschäft. Nicht immer ohne Risiko.

Stuttgart - Cloud Computing sollte sich wie etwas ganz Normales anfühlen. Wie das Anlegen eines Ordners, das Verschicken einer E-Mail, das Öffnen einer Textdatei, eben wie das, was Menschen im 21. Jahrhundert mit ihren Computern so tun. Tatsächlich machen wir schon eine Menge in der Wolke, ohne darüber nachzudenken. Wir lesen Webmails, spielen Farmville bei Facebook, sortieren Bilder bei Flickr. Und wenn wir in den Suchschlitz bei Google "3+4" eingeben und als Ergebnis "7" bekommen, ist das kein Wunder, sondern die einfachste Form von Cloud Computing: Ich schicke eine Aufgabe übers Netz, sie wird in der Wolke gelöst und auf meinem Monitor erscheint das Ergebnis.

 

Auch für Unternehmen ist Cloud Computing nach Jahren des weitgehend folgenlosen Hypes wichtiger geworden. Einerseits, weil dadurch neue Geschäftsmodelle entstehen, andererseits, weil es die firmeneigene IT-Infrastruktur grundlegend ändern kann – falls man das möchte. Eine Bestandaufnahme wolkiger Aussichten.

Wie funktioniert Cloud Computing?

Im Grunde ist die Idee, Anwendungen und Speicherplatz über ein Netzwerk zu nutzen, nichts Neues. Jeder, der im Büro mit seinen Kollegen Dateien an verschiedenen Schreibtischen teilt und sie auf einem Server verändert, kopiert und ergänzt, arbeitet in der Wolke. Beim Cloud Computing geht es darum, Rechenleistungen, Speicher oder auch Software immer nur dann zu nutzen, wenn man sie gerade braucht.

Im großen Maße möglich geworden ist Cloud Computing erst mit stabilen und schnellen Datenleitungen und leistungsstarken Rechenzentren. Am boomenden Cloud-Computing-Markt sind vor allem die großen Firmen wie Google, Amazon und IBM beteiligt: sie verkaufen überschüssige Kapazitäten. Amazon schöpft seine Ressourcen etwa nur während des Weihnachtsgeschäfts voll aus. In der übrigen Zeit lässt sich damit gutes Geld verdienen. 2010 wurden in Deutschland insgesamt fast zwei Milliarden Euro auf diese Weise umgesetzt, bis 2015 soll sich laut Branchenverband Bitkom das Volumen mindestens vervierfachen. Kein Wunder, dass viele in der Wolke die Zukunft sehen.

Was haben Privatanwender davon?

Zu ihnen gehört Kurt Rindle. Er leitet Cloud-Projekte für IBM-Deutschland. Bei einem Vortrag in Stuttgart prognostizierte Rindle Cloud Computing neulich auch deshalb eine große Zukunft, weil die jüngere Generation der Anwender es gewohnt ist, Programme übers Netz zu nutzen. Wer die Prinzipien über populäre Dienste wie Facebook, Twitter und Google kennt, so seine Annahme, wird keine Probleme haben, die Wolke auch beruflich zu nutzen. Inzwischen gibt es eine ganze Menge Anwendungen in der Wolke für jedermann. Viele davon sind kostenlos. Festplatten im Netz wie Dropbox ermöglichen es, von überall auf die eigenen Daten zuzugreifen, oft sogar mit dem Smartphone. Amazon speichert Songs in der Wolke und Google bietet Textverarbeitung und Tabellenkalkulation an – ganz ohne Installation auf der Festplatte. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass Dateien, die auf amerikanischen Servern gespeichert sind, dem dortigen Datenschutzrecht unterliegen – und das räumt der Regierung deutlich mehr Zugriffsrechte ein als hierzulande.

Wie wird es von Firmen genutzt?

Das Thema Datenschutz ist einer der Gründe, warum Firmen zögern, ihre IT in die Wolke zu verlagern. Von der Unsicherheit wollen Spezialisten wie IBM profitieren, indem sie Datensicherheit und Zuverlässigkeit versprechen. Andere Anbieter spiegeln Daten, verteilen sie auf viele verschiedene Server, teils weltweit. Das lässt nicht jeden ruhig schlafen. Wobei auch IBM-Mann Rindle gesteht: „Die Cloud ist nicht sicherer oder unsicherer. Für viele Mittelständler ist sie eher sicherer.“

Dass Cloud Computing das Potenzial hat, Kosten zu sparen, indem Unternehmen Software und Rechenkapazität just in time kaufen, steht außer Frage. „Der ideale Kunde ist ein Start-up“, sagt Rindle, weil es in jungen Firmen noch keine verzweigte Infrastruktur gibt, in welche die Wolke erst noch integriert werden muss. Umgekehrt entstehen durchs Cloud Computing sogar neue Geschäftsideen. Doch auch Risiken gibt es in der Wolke. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtete über einen Cloud-GAU. Das Start-up „Radio.de“ war komplett lahmgelegt, weil es einen Fehler im Abrechnungssystem von Google gegeben hatte. Zwei Tage lang ohne Daten, ohne Bürosoftware. Manchmal ist diese Wolke eben doch noch etwas instabil.