Der VfB plant die neue Saison und überlegt, wie stark das Gesicht der Mannschaft verändert werden soll. Auf der Suche nach Neuzugängen haben die Stuttgarter zwei Zweitligaprofis ins Visier genommen.

Stuttgart - Man könnte es gut verstehen, wenn Georg Niedermeier weite Teile des trainingsfreien Montags mit der Lektüre der Zeitungen und Internetforen verbracht hätte. Im ganzen Bundesgebiet gab es kein Blatt, das nicht ausführlich dem oft geschmähten VfB-Innenverteidiger huldigte, der am Samstag neben unzähligen gewonnenen Zweikämpfen auch zwei Tore zum 5:1-Sieg gegen Hoffenheim beigesteuert hatte. Und Abbitte leistete auch mancher Leser: „Ich habe viel über Niedermeier gelästert, er straft mich Lügen. Was er leistet, ist phänomenal“, schreibt einer auf der StZ-Homepage; für einen „unverzeihlichen Fehler“ hielte es ein anderer, „den Schorsch nach dieser Saison vor die Tür zu setzen“.

 

Einen besseren Zeitpunkt für seinen großen Auftritt hätte Niedermeier, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, also nicht finden können. Denn er fällt mitten hinein in jene Phase, in der der VfB die personellen Planungen für die neue Saison intensiviert. Nun hat der 30-Jährige neue Argumente auf seiner Seite, wenn er sich diese Woche mit Robin Dutt zum nächsten Sondierungsgespräch trifft. Beide Seiten, sagt der Manager, seien „nicht abgeneigt, die Zukunft gemeinsam zu gestalten“.

Der VfB hat noch keine Planungssicherheit

Gleichzeitig heißt es im Verein, dass für den Fall Niedermeier das gleiche gelte wie für die meisten anderen offenen Personalien: eine sofortige Entscheidung sei nicht zu erwarten. Das hat einerseits damit zu tun, dass der VfB noch keine Planungssicherheit hat. Zwar sind die Stuttgarter dem Klassenverbleib am Samstag einen gewaltigen Schritt nähergekommen, in völliger Sicherheit jedoch dürfen sie sich noch nicht wähnen.

Andererseits überlegen die Verantwortungsträger noch, in welchem Ausmaß das Gesicht der Mannschaft zur neuen Saison verändert werden soll. Sollen sie nach den vielen Turbulenzen der vergangenen Jahre einen Umbruch herbeiführen? Oder lieber auf Kontinuität setzen nach dem Aufschwung der vergangenen Wochen? So lauten die Grundsatzfragen, die der VfB in den nächsten Wochen beantworten muss.

Vier Verträge laufen im Sommer aus

Der Verein hat es weitgehend selbst in der Hand, da vier sehr gut dotierte Verträge langjähriger Profis auslaufen. Unbedingt halten möchte man nur Daniel Didavi (26), was angesichts der vielen Angebote für den Spielmacher bekanntlich schwierig wird. Viel einfacher wäre es, mit Niedermeier und dessen Innenverteidigerpartner Daniel Schwaab (27) zu einem Abschluss zu kommen – ihr Treuebekenntnis zum VfB haben sie bereits abgegeben. Und auch der Offensivspieler Martin Harnik (28) hat aufgrund seiner langen Verletzungspause und seiner derzeitigen Reservistenrolle wohl nicht mehr die freie Auswahl.

Alle drei zählten in den vergangenen Jahren zu den Meinungsführern innerhalb der Mannschaft; alle drei hatten gute Zeiten – aber auch schlechte, sonst hätte der VfB nicht so oft gegen den Abstieg gespielt. Sie sind zudem in einem Alter, in dem größere Entwicklungssprünge nicht mehr zu erwarten sind. Und: sie gehören in Stuttgart, wo die Personalkosten in den vergangenen Jahren von einstmals deutlich mehr als 60 Millionen Euro auf 42 Millionen gedrückt werden mussten, zu den Topverdienern. Ihr Abschied würde zwar keine Ablösen bringen, dafür aber Spielräume bei der Suche nach Neuzugängen eröffnen.

Mit Jean Zimmer ist sich der VfB einig

Robin Dutt will daher die Entscheidung nicht von zwei, drei guten Spielen abhängig machen, sondern das Gesamtpaket bewerten. Gleichzeitig behält er den Spielermarkt im Blick und führt Gespräche mit möglichen Neuzugängen. Mit Jean Zimmer vom 1. FC Kaiserslautern ist sich der VfB weitgehend einig. Der 22-Jährige ist auf sämtlichen Außenpositionen einsetzbar und kann die Pfälzer für festgeschriebene 2,5 Millionen Euro verlassen. Doppelt so hoch soll die Ablöse angeblich sein, wenn das Eigengewächs zu einem Club wechselt, der am Europapokal teilnimmt.

Aus der zweiten Liga kommt auch ein weiterer Spieler, bei dem Robin Dutt sein Interesse angemeldet hat: Marc Rzatkowski (26) vom FC St. Pauli, auch er vielseitig verwendbar. Der 1,70 Meter kleine Techniker wurde beim VfL Bochum ausgebildet und in Hamburg vom Spielmacher oder Außenbahnspieler zum defensiven Mittelfeldspieler umgeschult. Sechs Tore hat er in dieser Saison erzielt und zählt nach Expertenmeinung zu den begabtesten Profis der zweiten Liga. Bis 2017 läuft sein Vertrag in St. Pauli, die Ablöse dürfte sich im Bereich von 1.5 Millionen Euro bewegen.

Das Positivbeispiel Lukas Rupp

Natürlich will Dutt solche Personalfragen nicht kommentieren – doch dürfte er Spieler wie Zimmer und Rzatkowski im Sinn haben, wenn er davon spricht, dass der VfB auf „kreative Transfers“ angewiesen sei. In Zeiten der englischen Geldschwemme und dadurch explodierender Ablösesummen sucht er nicht zuletzt nach bislang verborgenen Perlen, nach eher unbekannten Spielern, die sich beim VfB einen Namen machen sollen. Der Manager nennt in diesem Zusammenhang gerne den Namen Lukas Rupp, der vor der Saison ablösefrei von der Ersatzbank des Absteigers Paderborn nach Stuttgart kam und inzwischen zu den Leistungsträgern zählt.

Auch deshalb geht der Blick in die zweite Liga – zumindest beim Thema Transfers. Rein sportlich will der VfB damit in Kürze endgültig nichts mehr zu tun haben. Wenn es so weit ist, werden dann auch die ersten Personalentscheidungen fallen.