Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Auch in einem weiteren Punkt weckt Golls Aussage gegenüber dem Rechnungshof Zweifel an Mappus’ Darstellung. Der Ex-Regierungschef will erst nach einem Treffen mit EdF-Chef Henri Proglio im November den Rückkauf der Aktien geplant haben. Im Oktober habe er noch den Kontakt zu Proglio gesucht, „um mit ihm konstruktiv über die künftige Anteilseignerstruktur der EnBW zu diskutieren“, referiert der Prüfbericht. Nach den Informationen von Goll hat Mappus bereits im Oktober nach Paris signalisiert, das Land wolle die Anteile zurückkaufen. Seine Begründung: die EnBW sei ein regionales Unternehmen und müsse in baden-württembergischer Hand bleiben. Dies habe er unter dem Siegel der Verschwiegenheit von der EdF erfahren, berichtete Goll dem Rechnungshof. Die Konzernvertreter, die ihn informiert hätten, seien entschieden gegen den Verkauf der Aktien gewesen. Er selbst habe im Gespräch mit einem hochrangigen Manager ebenfalls vom Verkauf abgeraten.

 

Goll ist für den Ausschuss auch deshalb ein interessanter Zeuge, weil er Einblick in EdF-interne Überlegungen gehabt hat; die Konzernvertreter verweigern eine – persönliche oder schriftliche – Aussage bekanntlich wegen des laufenden Schiedsverfahrens. Im EdF-Vorstand habe es zwei Gruppierungen gegeben, so der Ex-EnBW-Chef zum Rechnungshof: Eine Seite habe die Ansicht vertreten, man solle die Beteiligung angesichts des hohen bisherigen Engagements halten. Die andere habe darauf verwiesen, dass sich die Ertragserwartung der EnBW in den nächsten Jahren deutlich verschlechtern werde; dies gehe aus der mittelfristigen Finanzplanung hervor.

Wollten die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke die Mehrheit?

Angesichts der verdüsterten Aussichten hätten die Verkaufsbefürworter argumentiert, das „sehr günstige Angebot des Landes dürfe nicht ausgeschlagen werden“; bei dem offerierten Preis könne man „nicht Nein sagen“. Ob Mappus und sein Investmentbanker Dirk Notheis den pessimistischen Finanzplan kannten, konnte Goll den Prüfern nicht sagen. Interessantes berichtete der Ex-EnBW-Chef auch zur Rolle des zweiten Großaktionärs, der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW). Im Jahr 2009 habe es bei den OEW starke Bestrebungen gegeben, die Mehrheit an der EnBW zu übernehmen; entsprechende Gespräche hätten OEW-Vertreter mit den anderen kommunalen Aktionärsgruppen geführt. Die EdF habe dies erfahren und sei äußerst verärgert gewesen; dies deckt sich mit StZ-Informationen aus der EdF. Von den Landräten werde dies heute so dargestellt, als habe der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) dies veranlasst. Gleichwohl waren die OEW laut Goll insgesamt „nicht glücklich“ über den EnBW-Deal. Die Entscheidung des früheren Verbandschefs Kurt Widmaier, den Rückkauf zu unterstützen, sei intern nicht unumstritten gewesen.