Ex-Regierungschef Mappus holt im Streit um den EnBW-Deal zum Gegenschlag aus: Grün-Rot schrecke vor nichts zurück, um ihn zu belasten, sagt der CDU-Politiker.      

Stuttgart - Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat der grün-roten Landesregierung im Streit um den EnBW-Deal „Geschichtsklitterung“ vorgeworfen. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa sagte Mappus, das Staatsministerium habe den Bericht für den Untersuchungsausschuss zum Rückkauf der Aktien des Energiekonzerns EnBW gezielt manipuliert. „Dieser Bericht ist tendenziös. Was ich skandalös finde: Er lässt Fakten aus“, sagte der CDU-Politiker.

 

Mappus betonte, er habe er sich bei der Entscheidung, das Milliarden-Geschäft ohne vorherige Zustimmung des Landtags abzuwickeln, nicht über den Rat seiner Anwälte hinweggesetzt. Im Regierungsbericht fehle eine entscheidende Mail, die beweise, dass die Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz Ende November 2010 grünes Licht gegeben habe.

Die Mail der Kanzlei vom 30. November an den Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, liegt der dpa vor. Darin schreibt der Anwalt Martin Schockenhoff: „Unsere Verfassungsrechtler haben den telefonisch besprochenen Weg abgesegnet.“ Man werde bei dem Deal das Notbewilligungsrecht des Finanzministers nutzen. „Also kein Parlamentsvorbehalt, wir können am 6.12. ohne Bedingungen (außer Fusionskontrolle) abschließen.“ Mappus sagte, die Nachricht sei an ihn weitergeleitet worden und liege bei den Akten in der Staatskanzlei.

Mappus habe EDF-Chef versucht zu überzeugen

Grün-Rot hält Mappus dagegen vor, er habe den Deal mit dem französischen Energiekonzern EDF ohne Grund und längere Prüfung im Eiltempo am Landtag vorbei eingefädelt. Die 4,7 Milliarden Euro für 46,5 Prozent der Anteile seien zu teuer gewesen. Der Staatsgerichtshof erklärte das Geschäft Anfang Oktober 2011 wegen der Umgehung des Parlaments für verfassungswidrig. Der Atomstromer EnBW hat wegen des im Frühjahr 2011 politisch angeordneten, raschen Ausstiegs aus der Kernenergie massive Verluste zu verkraften.

Der Bericht der Landesregierung legt nahe, dass Mappus das Geschäft am Parlament vorbei vollzog, obwohl ein Kompromiss mit der EDF angebahnt worden war und seine Anwälte mehrfach vor einer Umgehung des Landtags gewarnt hatten. Der CDU-Mann habe dies demnach überhört, weil er befürchtete, dass die EDF sonst die Anteile an dem Karlsruher Energiekonzern an einen anderen Bieter verkauft.

Mappus erklärte dagegen im dpa-Interview: „Alle diskutierten Lösungswege waren entweder rechtlich nicht gangbar oder die EDF hat nicht zugestimmt.“ Er habe mehrfach versucht, EDF-Chef Henri Proglio von der Notwendigkeit des Parlamentsvorbehalts zu überzeugen. „Es wurde bei allen Versuchen kategorisch abgelehnt.“ Man sei dann an einem Punkt gewesen, wo es nur noch zwei Möglichkeiten gab: „Entweder wir finden einen anderen, rechtlich gangbaren Weg, oder wir müssen die Transaktion stoppen.“ Danach sei die Kanzlei nach einer Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass der Weg über das Notbewilligungsrecht möglich sei. „Den Weg hat Gleiss Lutz gesucht, gefunden und als gangbar betrachtet.“

Mappus voraussichtlich im März vor dem Untersuchungsausschuss

Im Regierungsbericht wird allerdings dargelegt, dass die Anwälte von Gleiss Lutz bis zum 30. November vor einer Umgehung des Landtags gewarnt haben. Dazu sagte Mappus: „Dass die Frage zunächst auch innerhalb der Kanzlei kritisch diskutiert wurde, halte ich für angemessen und auch verantwortlich.“ Am 30. November habe die Kanzlei aber eine klare Ansage gemacht. Der frühere Regierungschef stellte klar: „Ich habe nicht gegen den Rat von Gleiss Lutz gehandelt. Im Gegenteil, dieser Weg wurde aufgezeigt. Von einer Warnung zu diesem Zeitpunkt kann überhaupt nicht die Rede sein.“

Mappus warf Grün-Rot vor, es sei eine falsche Behauptung, es gebe keine Unterlagen zu dem Deal. „Ich werde diese Form von Geschichtsklitterung nicht zulassen und im Zeugenstand im Untersuchungsausschuss klar darlegen, dass es mindestens zehn Aktenordner waren, die im Staatsministerium vorhanden sind.“ Dazu kämen 15.000 Seiten im Datenraum von Morgan Stanley. „Dazu kommen eine knapp dreistellige Anzahl von Ordnern bei Gleiss Lutz. Es war das sichtbare Vorhaben bei diesem Regierungsbericht, zu belasten. Und das ist unwürdig für eine Regierung.“

Der Ex-Ministerpräsident wird voraussichtlich am 9. März als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss auftreten. Die nächste Sitzung ist bereits am 3. Februar.