Update. Ohrfeige für Mappus: Der Rechnungshof kritisiert am Vorgehen der früheren Landesregierung, dass damals alles dem Ziel untergeordnet wurde, die Verhandlungen „um jeden Preis geheim zu halten und binnen kürzester Frist abzuschließen“.

Stuttgart - Nach einer Bewertung des baden-württembergischen Landesrechnungshofs hat der frühere Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) beim Kauf der EnBW-Aktien Rechtsvorschriften grob verletzt. Die Finanz- und Wirtschaftsprüfer kritisieren in ihrem am Dienstag vorgelegten Bericht, der der Nachrichtenagentur dapd in Auszügen vorliegt, unter anderem, dass der Wert des Unternehmens nicht ausreichend geprüft wurde.

 

Auch sei des Landesinteresse nicht hinreichend begründet, die Gefahr für die Versorgungssicherheit nicht dargelegt worden. Ob der damals gezahlte Kaufpreis von über 4,7 Milliarden Euro zu hoch gewesen ist, wollte der Rechnungshof indes nicht bewerten.

Der CDU-Politiker Mappus hatte 2010 über 45 Prozent der Aktien des baden-württembergischen Stromversorgers EnBW vom französischen Energieunternehmen EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Mit der Aufklärung der Vorgänge ist derzeit ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigt. Der Rechnungshof sollte auf Antrag der Regierungsfraktionen prüfen, ob das Kaufgeschäft rechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist und ob es wirtschaftlichen Schaden für das Land verursacht hat.

Keine ausreichende Prüfung des Firmenwerts

In dem Bericht heiß es unter anderem: „Die Prüfung hat ergeben, dass das Verfahren im Vorfeld des Vertragsabschlusses in wesentlichen Teilen nicht den Anforderungen genügt, die aus der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung folgen.“ Auch bei der Ausgestaltung des Aktienkaufvertrags sei es nicht in ausreichendem Maße gelungen, „Regelungen zu vermeiden, die für das Land wirtschaftlich nachteilig sind“.

Die „damals erkennbaren Risiken der Unternehmensentwicklung“ seien für eine Einschätzung der Wirtschaftlichkeit nicht ausreichend in den Fokus genommen worden. Insgesamt sei nicht alles unternommen worden, um den Wert des Unternehmens festzustellen. „Das Land hätte sich nachhaltig um eine Due Diligence (gebotene Sorgfalt) bemühen müssen“, wird kritisiert. Die von der damals beratenden Investmentbank Morgan Stanley vorgelegte sogenannte Fairness Opinion reiche als Grundlage für einen Unternehmenserwerb dieser Größenordnung nicht aus. Diese habe nämlich nicht die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des gesamten Erwerbsgeschäfts zum Gegenstand gehabt.

Der Rechnungshof kritisiert, dass damals alles dem Ziel untergeordnet wurde, die Verhandlungen „um jeden Preis geheim zu halten und binnen kürzester Frist abzuschließen“. Der „ohne Not“ geschaffene Zeitdruck habe verhindert, dass „ein solch bedeutendes Rechtsgeschäft mit der gebotenen Sorgfalt vorbereitet“ worden sei.

Mangels hinreichender Erkenntnisquellen will sich der Rechnungshof zur Höhe des Kaufpreises nicht äußern. Die grün-rote Landesregierung fordert mittels einer Schiedsklage von der EdF 2 Milliarden Euro zurück, da sie den Kaufpreis für zu hoch hält.