Die Klage des Landes Baden-Württemberg gegen den Ex-EnBW-Großaktionär EdF verunsichert die Mitarbeiter des Energiekonzerns. Die Stimmung im Konzern ist „unterirdisch“, „beschissen, wäre noch geprahlt“, heißt es.

Stuttgart - Die Beschäftigten der EnBW werden durch die Klage des Landes gegen den früheren EnBW-Großaktionär Électricité de France (EdF) weiter verunsichert. Die Stimmung im Konzern sei „unterirdisch“, „beschissen, wäre noch geprahlt“, ist aus Unternehmenskreisen zu hören – nicht nur wegen der Klage gegen die EdF. Auch andere Negativschlagzeilen schadeten dem Unternehmen – etwa die Razzia bei einer EnBW-Tochterfirma wegen des Vorwurfs des Umsatzsteuerbetrugs oder die Bykov-Affäre.

 

Baden-Württemberg hat – wie berichtet – eine Schiedsklage gegen die EdF angestrengt. Die Landesregierung will damit eine teilweise Rückerstattung des ihrer Ansicht nach zu hohen Preises für den 46,5-Prozent-Anteil der EdF erreichen. Die frühere CDU/FDP-Landesregierung unter Stefan Mappus hatte das Paket für 4,7 Milliarden Euro übernommen. Brisant sind insbesondere zwei Hilfsanträge zu der Klage, die auf eine Rückabwicklung des umstrittenen Geschäfts hinauslaufen könnten. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat zwar den Antrag auf Rückabwicklung mittlerweile als taktischen Schachzug abgetan, aber die Mitarbeiter der EnBW, die ohnehin durch ein bereits laufendes Sparprogramm verunsichert sind, dürfte das kaum beruhigen. Von Arbeitnehmerseite wollte sich am Montag niemand offiziell zur Stimmung in dem Unternehmen äußern, das durch die Energiewende in die roten Zahlen geraten ist.

Nervosität in der Holding

Besondere Nervosität herrscht offenbar in der EnBW Holding, die Unternehmenskennern schon lange als aufgebläht gilt. Einst waren dort um die 100 Mitarbeiter tätig, heute sind es an die 600 – da drängten sich Einsparungen geradezu auf, heißt es. So sehen das offenbar auch die Betroffenen. Viele seien seit Monaten in eine Art „Schockstarre“ gefallen, wird aus der Belegschaft berichtet: Jeder bemühe sich derzeit, bloß nicht negativ aufzufallen, lieber als etwas Falsches mache man gar nichts.

Es sind lukrative Jobs, um die dort gezittert wird – mit Jahreseinkommen im satten sechsstelligen Bereich. Dass alle auch notwendig sind, wird nicht einmal EnBW-intern behauptet. Zu sehr sei die Holding mit sich selbst beschäftigt, monieren Insider, weniger Steuerung von oben würde die operative Arbeit in manchen Bereichen sogar erleichtern. Die Zitterpartie zehrt allmählich an den Nerven der Mitarbeiter. Nicht zu wissen, ob man in einem Jahr noch einen Job hat und, zum Beispiel, die Finanzierung des Eigenheimes aufgeht – das war ihnen bisher völlig fremd. Jobalternativen gäbe es zwar auch anderswo, die Energiewende ist schließlich arbeitsintensiv. Aber so großzügig wie bei der EnBW, sagen Eingeweihte, werde dort bei Weitem nicht bezahlt. Bei den Gehältern sei aus den Monopolzeiten noch viel „Speck“ dran.

Die Ungewissheit über die Jobs bei der EnBW macht auch Regierungspolitiker nervös. Während die Grünen den Konzern eher als Instrument für die Energiewende sehen, versteht sich die SPD vorrangig als Garant der Arbeitsplätze. Fielen die in größerem Umfang weg, hätten die Sozialdemokraten ein gravierendes Problem. Entsprechend ungern hören Sie Einschätzungen, wonach womöglich einige 1000 Jobs überflüssig seien. Darf der künftige Konzernchef Frank Mastiaux so agieren, wie er es für notwendig hält – oder legt ihm die Politik straffe Zügel an? Das gehört zu den spannenden Fragen im Blick auf seinen Amtsantritt im Oktober. Die EnBW will im Zuge ihres Kostensenkungsprogramms bis zu 1600 von aktuell rund 20 400 Arbeitsplätzen abbauen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es aber bis 2016 nicht geben. Zum Ausgleich mussten die Beschäftigten auf eine Lohnerhöhung verzichten. Insgesamt soll nach früheren Angaben ein Sanierungsbeitrag der Mitarbeiter von 250 Millionen Euro zusammenkommen.

Erstaunte Aktionärsvertreter

Mit Kopfschütteln reagieren auch die Vertreter der wenigen verbliebenen EnBW-Kleinaktionäre auf die Klage der Landesregierung gegen die EdF. „Wir haben diesen Vorgang mit einigem Erstaunen verfolgt“, sagt Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Landesregierung sei vorgeprescht, ohne sich zuvor mit dem EnBW-Vorstand abzustimmen. Dem Image des Konzerns sei die Klage alles andere als förderlich. „Die EnBW leidet da ganz massiv darunter“, sagt der Aktionärsschützer. Beschwerden von Aktionären, die den Wert ihrer Papiere durch das „Schlechtreden“ der EnBW seitens der Landesregierung gefährdet sehen könnten, lägen der DSW aber bislang nicht vor, sagt Hechtfischer.

Kritisch sieht die Klage des Landes auch der zweite EnBW-Großaktionär, der kommunale Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). Dessen Vorsitzender Heinz Seiffert behält sich rechtliche Schritte gegen das Land vor, falls das Schiedsverfahren Nachteile für die EnBW und damit auch für die OEW bringe.