Noch sind QR-Codes auf deutschen Straßen eine Seltenheit. Dabei bergen die Vierecke jede Menge Potential - wie bei der Expedition 2.0.

Stuttgart - Es ist fast wie an Ostern. Wer ein Smartphone besitzt, ist auf der Suche nach QR-Codes - diesen schwarz-weißen Kästchen, die aussehen, als wäre ein betrunkenes Huhn mit Farbe an den Füßen über das Papier getorkelt. QR-Codes haben fast alles, was Erwachsene schon als Kinder an Ostereiern zu schätzen wussten: Spannung und Spiel, nur leider keine Schokolade. Man weiß ja schließlich nie, was sich hinter den Codes versteckt und welche vielleicht für das eigene Überleben unerlässliche Informationen man mit ihrer Hilfe entdecken kann.

 

Früher, als Smartphones noch kein Massenphänomen waren, sind die meisten achtlos an ihnen vorbeigegangen - ja, haben sie nicht einmal wahrgenommen. Zeitgenossen, die sich mit starrem Blick und Telefon im Anschlag vor Plakatwänden mit diesen Codes darauf aufgebaut haben, wurden höchstens mit einem mitleidigen Blick bedacht. Habt ihr nichts Besseres zu tun? Jetzt ist alles anders, denn bei immer mehr Menschen hält die mobile Internetwelt Einzug - und damit die Jagd nach QR-Codes.

Abfahrten in Echtzeit

Schon morgens auf dem Weg zur Arbeit sind sie da. Während die Bahn mit lautem Rattern in den Bahnhof eines idyllischen Vororts von Stuttgart einläuft, fährt auf dem anderen Gleis gerade der Anschlusszug weg - wenn Züge hämisch grinsen könnten, dieser hätte es sicherlich getan. Mit den anderen verzweifelten Fahrgästen drängelt man sich den Bahnsteig entlang und versucht verzweifelt, sich eine Alternativverbindung einfallen zu lassen. Gerade heute wäre es nämlich sehr ungünstig, zu spät zu kommen. Fünf Minuten vergehen, dann zehn, doch kein Zug in Sicht. Für solche Fälle hat der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) QR-Codes an ihren Haltestellen angebracht. Scannt man diese mit dem Smartphone ein, zeigt einem das Telefon automatisch die Abfahrten von S-Bahn und Stadtbahnlinien der jeweiligen Haltestelle in Echtzeit an. Mit einem kurzen Klick der Handy-Kamera ist klar: Heute wird es wohl nichts mehr mit dem Pünktlichsein - na super. A prospos Bahn: Auch am Zaun am Stuttgarter Bahnhof hängen Plakate mit QR-Codes.

Die Redaktion der Stuttgarter Zeitung ist sogar regelrecht mit QR-Codes geplastert. Unzählige Plakate weisen auf die Expedition 2.0 hin. Das ist eine Art digitale Schnitzeljagd, die von Stuttgarter Zeitung und SSB organisiert wird. Der Startcode, auf unzähligen Plakaten, Flyern und in der Zeitung abgedruckt, führt automatisch zur Expedition 2.0-Webseite, wo die Teilnehmer eine Quizfrage beantworten müssen. Für die richtige Antwort gibt es einen Buchstaben des Lösungswortes und die nächste der insgesamt neun Stationen der Stadtrallye.

Blonder als blond

Abends im Supermarkt vor dem Zeitschriftenregal: Gefühlte tausend bunte Blättchen quellen aus den Regalen. Ein gezielter Griff fördert eine Frauenzeitschrift zu Tage. Schon auf dem äußeren Umschlag prangt ein QR-Code in seiner ganzen krakeligen Schönheit. Ein schnelles Handy-Foto später ist klar, dass es sich bei dem beworbenen Champagner offenbar um eine wirklich in Frankreich produzierte Marke handelt und dass das Spray aus dem Innenteil die Haare Schritt für Schritt blonder färben kann - faszinierend. Und draußen auf der Straße steht eine Litfaß-Säule mit einem Filmplakat, dessen QR-Code direkt auf die Webseite des neuen Streifens führt. Der wäre eine Überlegung wert.

Zugegeben: Im Moment sind QR-Codes mehr technische Spielereien und auf deutschen Straßen noch nicht wirklich präsent. Umso größer ist deshalb der Triumph, wenn man mal wieder einen entdeckt hat. Für die Zukunft gäbe es sicherlich noch einige sinnvolle Anwendungen, über die Werbestrategen und Kommunikationsexperten mal nachdenken könnten. Diese Blumen-Pappstecker beim Floristen zum Beispiel, deren QR-Code zu ausführlichen Informationen über Standort- und Gießvorlieben des Grünzeugs führt. Oder die Bio-Butter, die Auskunft gibt über die glücklichen Kühe, von denen sie stammt. Man könnte auch direkt von einem Plakat für ein Konzert die Tickets buchen. Den Tüftlern sind da keine Grenzen gesetzt. Und die meisten Smartphone-Besitzer freuen sich über jedes Osterei.

Hier geht's zur Expedition 2.0 Website und zum Facebook-Profil.