Am ersten Tag des aktuellen Feinstaubalarms waren kaum weniger Fahrzeuge als sonst in der Stadt unterwegs. Die Situation im Berufsverkehr war am Morgen durch Staus geprägt.    

Stuttgart - Am ersten Tag des aktuellen Feinstaubalarms in Stuttgart sind kaum weniger Fahrzeuge als sonst in der Stadt unterwegs gewesen. Die Situation im Berufsverkehr war am Mittwochmorgen aufgrund des hohen Verkehraufkommens auf den umliegenden Autobahnen und den innerörtlichen Einfallstraßen sogar extrem durch Staus und Behinderungen geprägt. „Nach dem ersten Augenschein ist noch keine signifikante Veränderung des Verkehrverhaltens eingetreten“, sagt auch Bernd Eichenauer, der stellvertretende Leiter der Straßenbehörde im Ordnungsamt. Die vorliegenden Daten müssten aber noch genauer analysiert werden.

 

Nach Angaben der Stadt sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD) auch für Donnerstag und Freitag ein eingeschränktes Austauschvermögen der Atmosphäre voraus. Es sei deshalb noch nicht möglich einen genauen Termin für die Aufhebung des Feinstaubalarms zu nennen, heißt es bei der Stadt. Dieser werde mindestens bis Freitag, 24 Uhr, dauern.

„Nicht der Feinstaubalarm ist das Problem, sondern der Feinstaub“, betont Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid müssten eingehalten werden. „Am besten freiwillig, notfalls unter Zwang.“ Fahrverbote träfen alle aber weitaus härter als die Suche nach Mobilitätsalternativen.

„Feinstaubalarm senkt Verkehrsmenge nicht“

Doch sogar Wirtschaftsverbände wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) vermuten, dass der Feinstaubalarm „nicht bewirken wird, dass sichtbar weniger Autoverkehr durch Stuttgart rollt“. Weder der Umstieg auf den überlasteten Nahverkehr noch auf das Fahrrad seien realistische Lösungen. Deshalb dürften die von 2018 an vorgesehenen Fahrverbote von den Verantwortlichen so gut wie eingeplant sein. „Es muss Klarheit darüber herrschen, dass Fahrverbote zu erheblichen Problemen und großem Widerstand führen dürften“, warnt der IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Die Versorgung von Geschäften, die Postzustellung sowie weitere Dienstleistungen müssten auch bei überschrittenen Grenzwerten zuverlässig und rasch möglich sein.

„Der Wirtschaftsverkehr in Stuttgart wird als Mitverursacher der Schadstoffbelastung seinen Teil zur Lösung des Problems beitragen müssen“, stellt Richter ebenfalls klar. Die IHK habe deshalb bereits 2012 eine Studie zur Verbesserung des innerstädtischen Lieferverkehrs vorgestellt. Leider werde von der Stadt erst jetzt ein kleines Pilotprojekt angegangen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) befürchtet, dass auch der dritte Feinstaubalarm weitgehend ins Leere laufen und „Stuttgart bundesweit zur Lachnummer“ werde. „Die ersten beiden Feinstaubalarme waren weitgehend ein Flop und haben gezeigt, dass sich mit Freiwilligkeit und Appellen das Mobilitätsverhalten der Autofahrer viel zu wenig ändert“, sagt die Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch. „Damit Stuttgart saubere Luft atmen kann, brauchen wir spätestens im Sommer verbindliche Fahrverbote. Was in Rom möglich ist, sollte auch in Stuttgart machbar sein.“

VVS verkauft zusätzliche Jahrestickets

Außerdem muss aus Sicht des BUND rasch eine blaue Umweltplakette eingeführet werden. In die Innenstadt dürften dann nur noch Diesel fahren, welche die Euro-6-Norm auch unter realen Fahrbedingungen auf der Straße einhielten.

Recht gute Erfahrungen mit dem Feinstaubalarm hat bis jetzt der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) gemacht. „Wir haben seit dem ersten Alarm im Januar rund 1600 zusätzliche Abonnenten von Jahreskarten gewonnen“, betont der VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Wer ein solches Abo noch bis zum 15. März abschließe, erhalte einen Freimonat. Auch die Daimler-Mobilitätstochter Moovel konnte dem Vernehmen nach bis jetzt an jedem Tag mit Feinstaubalarm rund 3000 mit 50 Prozent rabattierte VVS-Nahverkehrtickets über ihre Smartphone-App verkaufen.

Das Stuttgarter Rathaus informiert rund 750 Adressaten über jeden Feinstaubalarm. Darunter sind viele Firmen. Bei der Daimler AG ist die Botschaft angekommen. „Wir appellieren an unsere Mitarbeiter, möglichst den Nahverkehr zu nutzen und nicht unbedingt notwendige Dienstfahrten zu unterlassen“, erklärt Sandra Gödde, die Umweltsprecherin im Bereich Personenwagen. Während des Alarms unternehme man in Stuttgart auch keine Testfahrten.