Die EnBW hält den Anspruch der Stadt Stuttgart auf das Fernwärmenetz für unbegründet. Statt einem langwierigen Gerichtsverfahren sei eine Kooperation sinnvoller – doch die Stadt habe mehrere Angebote ausgeschlagen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Vor einer Woche hat die Stadt Stuttgart angekündigt, dass sie die Energie Baden-Württemberg (EnBW) verklagen wird, um das Fernwärmenetz zu übernehmen zu können – am Dienstag nun hat die EnBW ihre Position vorgestellt. Sie hält die Klage für eindeutig ungerechtfertigt. Denn der Gesetzgeber und auch das Bundeskartellamt hätten die Fernwärme – im Gegensatz zu Strom und Gas – nicht in die Regulierung genommen; so stehe es klar im Energiewirtschaftsgesetz, sagte Steffen Ringwald, der Leiter der kommunalen Beziehungen bei der EnBW.

 

Das habe zwei gravierende Konsequenzen. Erstens sehe der Gesetzgeber bei der Fernwärme keine Gefahr einer Monopolstellung eines Unternehmens; im Prinzip könne jeder ein Netz aufbauen. Dass dies nicht nur Theorie sei, zeige die Universität Stuttgart, die für ihren Campus ein solches Netz betreibt. Wo es aber kein Monopol gebe, könne die Stadt auch nicht auf eine Herausgabe pochen. Zweitens sei in diesem Fall eigentlich auch keine Konzessionsabgabe an die Stadt zu entrichten, wie es die EnBW bisher tut. Sie liegt bei 1,25 Millionen Euro im Jahr. Eine Drohung sollte das nicht sein, aber klar sei: in Deutschland zahlten selbst bei großen Fernwärmenetzen nur zwei Drittel der Betreiber eine Konzessionsabgabe. Auch die Uni Stuttgart tut dies nicht. An diesem Punkt merkt man vor allem eines: der Ton wird rauer.

Angebote zur Kooperation seien ausgeschlagen worden

Trotz der für ihn eindeutigen Rechtslage hat Steffen Ringwald am Dienstag an die Stadt appelliert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Man habe der Stadt mehrere Angebote für eine Kooperation gemacht, die aber ausgeschlagen worden seien. Wenn jetzt fünf Jahre lang prozessiert werde, nutze dies niemandem – am wenigsten der von OB Fritz Kuhn so vehement propagierten Energiewende in Stuttgart.

So habe die EnBW vorgeschlagen, zusammen mit den Stadtwerken im Neckarpark Fern- und Nahwärmenetz zu verknüpfen; auch in anderen Quartieren sei dies gerne möglich. Zudem hätte sich die Stadt beim Kraftwerk Gaisburg, das bald von Kohle auf Gas umgestellt wird, an einer Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung beteiligen können. Das war für die Stadt wohl nicht attraktiv, weil es eine rein finanzielle Beteiligung gewesen wäre.

Die Stadt Stuttgart hält das Fernwärmenetz für mit entscheidend in der Energiewende und möchte einen direkten Zugriff erhalten, um selbst entscheiden zu können, wie es ausgebaut wird. Das Netz kann mit vielen Nahwärmenetzen gekoppelt werden, so die Vision; dadurch werde die sehr effiziente gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken vorangetrieben. Auch Energieexperten wie der Stuttgarter Joachim Nitsch halten die Fernwärme für ein zentrales Element der Energiewende. Bürgermeister Michael Föll sagte deshalb vor wenigen Tagen: „Wir wollen kein privates Monopol auf Dauer zulassen.“ Er rechnet mit einem Preis im unteren zweistelligen Millionenbereich. Die EnBW wollte am Dienstag mit keiner Summe dagegenhalten; hinter vorgehaltener Hand hält man den Betrag Fölls aber für beinahe lächerlich unrealistisch.

Fernwärmekonzept wichtiges Element der Energiewende

Georgios Stamatelopoulos, der Leiter der Erzeugung bei der EnBW, betonte zudem, dass sein Unternehmen das Fernwärmenetz bereits im Sinne der Stadt ausbaue und saniere. Die Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung hätten heute eine Effizienz von 90 Prozent, das Kraftwerk Gaisburg spare durch die Umstellung auf Gas enorm viel Kohlendioxid ein, und das Netz werde noch in diesem Jahr in Feuerbach erweitert. Nebenbei: Es fragt sich aber, ob die Stadt diesen Ausbau genehmigen kann, wenn sie gleichzeitig gegen die angebliche Monopolstellung der EnBW klagt.

Diese Klage scheint nun bei der EnBW auch atmosphärisch das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Denn dort mehre sich der Eindruck, hört man hinter den Kulissen, dass die Stadt an einer engeren Zusammenarbeit nicht mehr interessiert sei. Immer wieder habe die EnBW Anläufe gestartet, die vielen Konfliktfelder außergerichtlich zu bereinigen – nirgends sei man einen Schritt weiter gekommen.

Mittlerweile gibt es drei Verfahren von Stadt und EnBW

So ist die EnBW der Stadt beim strittigen Kaufpreis für das Wassernetz entgegengekommen und hätte wohl auf einen dreistelligen Millionenbetrag verzichtet; zwischen den Vorstellungen der Stadt und jenen der EnBW liegen aber immer noch riesige Summen. Auch beim Streit um das Hochspannungs- und Hochdrucknetz seien in Spitzengesprächen zwischen Fritz Kuhn und EnBW-Chef Frank Mastiaux Lösungen zum Greifen nahe gewesen: Angeblich hätte die EnBW unter bestimmten Bedingungen sogar auf diese Netzbereiche verzichtet – statt dessen hat die Stadt im Dezember ebenfalls Klage eingereicht. Sie sieht sich in der Pflicht, sorgsam mit Steuergeldern umzugehen. Auch laufe der Anspruch Ende 2016 aus.

Verstimmt ist die EnBW zudem, dass sie beim Energiekonzept der Stadt kaum einbezogen worden ist, obwohl sie unbestritten der wichtigste Akteur in Stuttgart ist. Und auch die Klage zum Fernwärmenetz hat die Stadt der EnBW vorher nicht einmal mitgeteilt. Für Partner, die schließlich gemeinsam das Strom- und Gasnetz betreiben, sei das kein guter Stil, hört man.

Steffen Ringwald lehnte es aber ab, von einem Scheitern der Partnerschaft zu reden. Die alltägliche Arbeit funktioniere gut.