Auf der Expo Real in München sind weniger freie Areale im Angebot als früher. Doch die Nachfrage ist groß – vor allem im ungeliebten Logistikbereich. Stuttgarts OB Fritz Kuhn wirbt um Investoren im Wohnungsbau.

Stuttgart - Für Thorsten Gmöhling und Jens Niepelt von der Otto Wöhr GmbH hat sich dieser Montag gelohnt. Immer wieder erklären sie Interessenten am Stand der Region Stuttgart auf der europaweit größten Immobilienmesse Expo Real, die an diesem Mittwoch zu Ende geht, ihren automatischen Radparkturm, mit dem der renommierte Hersteller von Autoparksystemen aus Friolzheim im Enzkreis einen neuen Markt erobern will. Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn hört in München aufmerksam zu, als ihm Gmöhling und Niepelt die Vorzüge preisen, die etwa beim Bau der neuen Rathausgarage genutzt werden könnten. „Sehr spannend“ sei die Idee, befindet Kuhn, die Stadt werde sich detaillierter damit befassen.

 

Die Wöhr GmbH ist einer von 31 Partnern aus Immobilienwirtschaft, Kommunen und Kreisen, die am Stand der Region Stuttgart vertreten sind. „Wir sind auch dieses Jahr sehr zufrieden. Wir haben eine ordentliche Frequenz“, sagt Matthias Lutz von der Wirtschaftsfördergesellschaft Region Stuttgart (WRS), die mit dem Stand zum 15. Mal auf der Expo Real ist. Für Kuhn ist es der erste Auftritt auf der Immobilienmesse, als er am Abend die Standparty eröffnet – und seine Rede wird in der Szene der Projektentwickler und Investoren mit Spannung erwartet. Schließlich hatte der Grüne aus seinen Vorbehalten gegenüber Millionenprojekten während des Wahlkampfs, aber auch auf dem OB-Sessel keinen Hehl gemacht. Ein „schwieriges Verhältnis“, sagt ein Branchenkenner. Und „unpassend“ ist noch eines der freundlicheren Worte, mit denen Kuhns jüngster Auftritt bei der Eröffnung des Gerber und seine Kritik an derartigen Einkaufstempeln von den Anzugsträgern der Branche hinter vorgehaltener Hand bewertet wird.

Kuhn betont das Primat der Politik

Kuhn kennt die Vorbehalte, es ficht ihn an diesem Abend aber nicht an. Am „Primat der Politik“, dem die „herzlich willkommenen“ Investoren folgen müssten, lässt er in seiner kurzen Rede keine Zweifel, in der er – ganz Oberbürgermeister und stellvertretender Regionalpräsident – zuallererst aber die Vorzüge der Stadt und der Region preist. „Es gibt hier viele tolle Investitionsmöglichkeiten. Gehen Sie nicht daran vorbei, es würde sich rächen“, ruft er den Zuhörern zu. Allerdings macht der OB ihnen auch deutlich, dass die Stadt Stuttgart klare konzeptionelle Vorgaben machen werde. „Die Stadt wird sagen, was sie will“, betont Kuhn, der zugleich ankündigt, dass im Bündnis für Wohnen jeder Beteiligte vorschlagen soll, was er für mehr Wohnungen tun könne. „Das erwarte ich von der Immobilienwirtschaft, das gilt aber auch für die Stadt“, sagt der Oberbürgermeister, der im übrigen die Stände von München und Hamburg besucht und von dort die Erkenntnis mitbringt, dass „nicht nur wir in Stuttgart über das Verhältnis der Stadt zu den Investoren diskutieren“.

Peter Brenner jedenfalls, der Vorsitzende des Branchenvereins Immobilienwirtschaft Stuttgart IWS, der schon manch kritisches Wort zur Rathauspolitik verlautbart hat, hört Kuhns Botschaft mit Wohlwollen. „Sehr konstruktiv“ sei das, im Bündnis für Wohnen begegneten sich Stadt und Immobilienwirtschaft auf Augenhöhe. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Brenner, der auch als Geschäftsführer des Zweckverbands Flugfeld Böblingen/Sindelfingen „sehr zufrieden“ ist. „Interessante Gespräche, gute Kontakte“, bilanziert er, zumal das größte Gewerbegebiet der Region an der Autobahn 81 im Modell Blickfang am regionalen Stand ist. Auch die Oberbürgermeister Wolfgang Lützner (Böblingen), Otmar Heirich (Nürtingen) und Frank Nopper (Backnang) rühmen die Gespräche mit Interessenten für ihre innerstädtischen Flächen. „Wir haben aber nicht mehr so viel im Angebot wie vor Jahren“, sagen Nopper und Lützner.

Landesweit gibt es weniger Flächen für Ansiedlungen

Ein Eindruck, den auch der SPD-Landtagsabgeordnete und Mittelstandsbeauftragte der Landesregierung, Peter Hofelich, teilt, als er auf dem Gemeinschaftsstand baden-württembergischer Regionen das Wort ergreift. „Baden-Württemberg ist hier stark vertreten, aber wir können nicht mehr all die Flächen anbieten, die nachgefragt werden“, sagt er, „es gibt die Erwartung, dass man die Zügel bei der Flächenausweisung etwas lockert.“ Vor allem die Logistikbranche suche nach Arealen. Hofelich ruft die Kommunen zu einer engeren Zusammenarbeit auf. „Der Standort endet nicht an Markungsgrenzen“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete.

Hofelichs Diagnose gilt nach Meinung vieler Immobilienexperten verschärft für Stuttgart. „Stadt und Region müssen aufpassen, dass sie nicht ins Hintertreffen geraten“, warnt Lutz. Wie dem zu begegnen sei, darüber wird viel diskutiert auf der Expo Real. Sogar das Wort Planungsgebot ist zu hören, jenes Mittel also, mit dem die Region Gemeinden zwingen kann, Flächen einer bestimmten Nutzung zuzuführen.