„Wir waren letztlich ein Freundeskreis aus Graffitikünstlern, Breakdancern und Musikern, der dann kreativ wurde“, sagt Emil Calusic alias DJ Emilio, der an diesem Nachmittag mit Schowi, Alexander Scheffel alias DJ 5ter Ton von den Massiven Tönen und Martin Welzer alias DJ Friction vom Freundeskreis auf der Terrasse sitzt. Sie wohnen immer noch in Stuttgart und prägen bis heute das Musikleben der Stadt. Auch wenn sie inzwischen Liederwünsche mit Sätzen wie „Halts Maul, ich könnte dein Vater sein“ beantworten, wie DJ Friction behauptet.

 

Die Idee der Kolchose ist es damals, sich gegenseitig zu unterstützen. Einige haben erst ein paar Lieder auf Lager, und so organisieren sie gemeinsame Konzerte, bei denen sich jeder präsentieren darf – und zeigen, was er kann.

Landesweiter Durchbruch

Wenig später, im Jahr 1996, beginnt der landesweite Durchbruch. Aus der Kolchose haben sich inzwischen erste Gruppen gegründet. Und die veröffentlichen ihre ersten Platten. Die Massiven Töne ihr legendäres Album „Kopfnicker“ und Freundeskreis mit Max Herre das Album „Quadratur des Kreises“, dessen Single „A-N-N-A“ in die deutschen Top Ten einsteigt.

Die Kolchose-Rapper finden sich auf den Titelblättern der „Bravo“ wieder, ihre Musik läuft bei MTV und Viva, sie werden auf der Straße erkannt. Stuttgart ist die Hip-Hop-Hauptstadt. Und es wird immer noch besser und erfolgreicher: 1999 beherrscht der Süden die Charts. Vier Alben aus Stuttgart landen in derselben Woche in den Top Ten. Die Fantastischen Vier sind mit „4:99“ auf Platz eins, Freundeskreis mit dem Album „Esperanto“, dessen Texte in fünf Sprachen gerappt sind, auf Platz zwei, die Massiven Töne mit „Überfall“ auf Platz vier, und Afrob landet mit „Rolle mit Hip-Hop“ auf Platz zehn.

Die Idee der Kolchose ist es damals, sich gegenseitig zu unterstützen. Einige haben erst ein paar Lieder auf Lager, und so organisieren sie gemeinsame Konzerte, bei denen sich jeder präsentieren darf – und zeigen, was er kann.

Landesweiter Durchbruch

Wenig später, im Jahr 1996, beginnt der landesweite Durchbruch. Aus der Kolchose haben sich inzwischen erste Gruppen gegründet. Und die veröffentlichen ihre ersten Platten. Die Massiven Töne ihr legendäres Album „Kopfnicker“ und Freundeskreis mit Max Herre das Album „Quadratur des Kreises“, dessen Single „A-N-N-A“ in die deutschen Top Ten einsteigt.

Die Kolchose-Rapper finden sich auf den Titelblättern der „Bravo“ wieder, ihre Musik läuft bei MTV und Viva, sie werden auf der Straße erkannt. Stuttgart ist die Hip-Hop-Hauptstadt. Und es wird immer noch besser und erfolgreicher: 1999 beherrscht der Süden die Charts. Vier Alben aus Stuttgart landen in derselben Woche in den Top Ten. Die Fantastischen Vier sind mit „4:99“ auf Platz eins, Freundeskreis mit dem Album „Esperanto“, dessen Texte in fünf Sprachen gerappt sind, auf Platz zwei, die Massiven Töne mit „Überfall“ auf Platz vier, und Afrob landet mit „Rolle mit Hip-Hop“ auf Platz zehn.

Bereits im ersten Jahr ausverkauft

Dass im selben Jahr ein Festival geplant wird, das fortan jährlich in Stuttgart stattfinden soll, scheint da nur logisch. Die Hip-Hop-Open sind bereits im ersten Jahr ausverkauft. Hinter dem Festival stehen Schowi und Strachi alias Johannes Graf von Strachwitz, die Gründer des legendären 0711-Büros, das Konzerte und Events organisiert, Bands vermarktet.

Das Besondere an der Stuttgarter Bewegung ist auch, dass sie sich selbst managt. Mit eigenen Plattenfirmen wie den Kopfnicker Records der Massiven Töne. Wie Benztown Records von DJ Thomilla. Wie Four Music, dem Plattenlabel der Fantastischen Vier, das später auch Freundeskreis und Afrob unter Vertrag nimmt. Seit 1996 gibt es außerdem den 0711-Club in Stuttgart. Zur Partyreihe im Club Prag pilgern bald Leute aus ganz Deutschland. Selbst aus Frankreich und Spanien reisen sie an, um dabei zu sein. „Wir hatten schlicht den Ruf des krassesten Hip-Hop-Clubs aus Deutschland“, sagt Strachi.


„Willkommen in der Mutterstadt, der Motorstadt am Neckar. Mekka für Rapper, zu viele meckern. Ich hass den Banker, der beim Keplerstraßen-Checker ein Päckchen Gras sucht. Abends gediegen in Paul’s Boutique mit dem Sektglas groovt. Ich mach meinen Urlaub hier, nicht mit der LTU. Ich setz mich in die U6 bis zum Schlossplatz, hol mir beim Udo Snacks oder Falafel, beim Vegi Voodoo schmeckt’s. Dazu Stuttgarter Hofbräu, mein Homie Max trinkt Becks. Nachts bei klarem Wetter fahr ich mit meinem VW Jetta rechts über den Killesberg und bleibe stehen, um ein bisschen mehr von meiner Stadt im Lichtermeer zu sehen.“(aus „Mutterstadt“ von Massive Töne, 1996)

Die neue Kolchose

Zwei Jahrzehnte Kolchose, die zehnten Hip-Hop-Open nach dem Zwischenstopp in Mannheim und zwei Jahren Pause: eine gute Gelegenheit, die alten Zeiten noch mal aufleben zu lasen. Dass die Songs wie „Mutterstadt“, „Wenn der Vorhang fällt“ oder „Schoß der Kolchose“ keiner mehr kennt, brauchen sie nicht zu befürchten. Die Kolchose ist aus gutem Grund der Hauptact des Abends.

Die Fans in den ersten Reihen warten inzwischen auch auf andere Künstler aus Stuttgart. Auf der gleichen Dachterrasse, auf der sich die Kolchose an diesem Nachmittag an alte Zeiten erinnert, stand vor wenigen Monaten Cro, der Mann mit der Pandamaske, und drehte hier das Video zu seiner Single „Meine Zeit“.

Seine Zeit ist jetzt. Er verkörpert, was über die Jahre ein wenig verloren gegangen war. Er skatet im Video nicht über die Straßen Berlins, sondern im Kessel, und er bringt Musik aus Stuttgart zurück in die Charts. Derzeit ist er mit fünf Titeln in den deutschen Single-Charts vertreten. „Damit schließt sich der Kreis“, sagt Schowi.


„Meine Zeit ist jetzt. Egal was kommt, Mann ich bleib relaxed. Ich lehn mich zurück, schreib ’nen Text. Kein Plan wohin, doch bis jetzt war es fett. Sollte bis heute alles klappen, bin ich bald schon Milliardär. Haha, war’n Witz, ich mein Millionär. Und was ich damit meine, meine Taschen sind leer. Ist okay, Mann ich brauch kein Cash, keine Villa am Meer. Auch kein Benz, brauche keine eigene Band, brauche keine Brand, alles was ich von euch will ist ein ,Oh Yeah‘!“ (aus „Meine Zeit“ von Cro, 2012)

Rap kommt wieder aus Stuttgart

Die Parallelen sind nicht zu übersehen. Rap kommt wieder aus Stuttgart, von Cro und Hip-Hop-Bands wie Die Orsons. Und auch dieses Mal ist es eine Plattenfirma aus der Stadt, bei der die Jungs trotz Angeboten großer Labels unter Vertrag sind. Chimperator Productions wurde vor zehn Jahren gegründet, nun fährt das Independent Label die Früchte ein. „Dass Cro so durch die Decke gehen würde, hätten wir auch nicht gedacht“, sagt Chimperator-Chef Sebastian Schweizer. Fast eine Million Fans bei Facebook hat der Stuttgarter Rapper Cro.

„So was wie Facebook gab es bei uns natürlich nicht“, sagt Schowi. Die Kolchose lernte sich damals in den Clubs kennen. Man traf sich im Jugendhaus Mitte, im Unbekannten Tier, dem Palast der Republik und immer montags im Club Müsli, wenn DJ Friction seine Platten auflegte. „Anfang der Neunziger gab es nur wenige Clubs, die überhaupt Hip-Hop spielten“, sagt Schowi. Man fand sich nicht über das Internet, man erkannte sich auf der Straße: „Du saßt da in der U-Bahn und dachtest: Hey, der hat coole Sneaker und Klamotten“, sagt Schowi. Auch die Musik gab es nicht im Internet, sondern die neuesten Platten immer dienstags und freitags im Soundshop von DJ Emilio. Dort warteten Thomilla, Friction und die anderen schon vor Ladenöffnung gierig auf die neuesten Beats.

Sätze wie „Hey, stimmt, das weiß ich auch noch“, sind an diesem Nachmittag auf der Terrasse oft zu hören. Alte Bilder werden hervorgekramt, sie zeigen die Jungs mit mutigen Frisuren. Es wird viel gelacht. Und es erinnert an die Zeilen aus dem Song, den Max Herre für Stuttgart geschrieben hat. „Lachen über wie wir damals waren, wenn wir uns heute sehen“, heißt es da, „mit der Zeit ändert sich die Perspektive, nur du bleibst meine erste Liebe.“