Ibrahima Traoré ist beim VfB Stuttgart einer der großen Gewinner dieser Saison – auch weil der 25-Jährige nachts nicht mehr so oft um die Häuser zieht.

Stuttgart - Neulich ist es noch einmal durchgebrochen, das Party-Gen in Ibrahima Traoré. Vergangenen Sonntag war es, als der kleine Stürmer des VfB nach dem 2:1-Bundesligasieg gegen den SC Freiburg für sich und seine Mitspieler einen rauschenden Mannschaftsabend organisierte. Zu feiern galt es den Finaleinzug im DFB-Pokal und den 25. Geburtstag Traorés. Beides war kurz zuvor auf den gleichen Tag gefallen – und wurde in einem Ludwigsburger Club gebührend begossen.

 

Von solchen Ausnahmen abgesehen ist es ziemlich ruhig geworden um den selbst ernannten Partykönig, der Ibrahima Traoré bei seinen Stationen in Berlin und Augsburg gewesen ist. Spätestens seit im vergangenen Herbst seine Freundin Maud aus Paris zu ihm nach Stuttgart gezogen ist, verbringt er seine Abende nicht mehr in Clubs, sondern auf dem Sofa. „Ich kann mich jetzt ganz auf den Fußball konzentrieren“, sagt Traoré – und sieht in dem veränderten Lebenswandel einen wesentlichen Grund dafür, dass es in den vergangenen Monaten steil bergauf gegangen ist.

Vom Ergänzungsspieler zum Leistungsträger

In einer Saison, in der sein Verein bisher mehr Tiefs als Hochs erlebt hat, ist der guineische Nationalspieler einer der großen Gewinner. In seinem zweiten Jahr beim VfB ist er vom Ergänzungs- zum unumstrittenen Stammspieler geworden. Auf 14 (Kurz-)Einsätze brachte es Traoré in der Vorsaison – in der laufenden Spielzeit stand er in 45 der 47 Pflichtspiele auf dem Platz, fast immer von Beginn an. „Ibo bringt unheimlich viel Tempo in unser Spiel“, sagt der VfB-Trainer Bruno Labbadia.

Vom vermeintlichen Fehleinkauf hat sich das Fliegengewicht zum Leistungsträger und Publikumsliebling entwickelt – und nebenher auch noch die Rolle der Integrationsfigur übernommen. Eine „hohe Sozialkompetenz“ bescheinigt ihm Labbadia, weil Traoré stets jenen Mitspielern helfe, die in die Hierarchie weiter unten stehen, derzeit etwa dem Innenverteidiger Antonio Rüdiger. „Das ist mir sehr wichtig, denn ich hatte selbst auch immer das Glück, dass sich andere um mich gekümmert haben.“ In Berlin war es Kevin-Prince Boateng, in Augsburg Marcel Ndjeng, in seiner Anfangszeit in Stuttgart Arthur Boka.

Traoré hat nie an sich gezweifelt

Jetzt hat Traoré keine größere Hilfe mehr nötig. Er habe nie daran gezweifelt, dass er sich durchsetzen werde, sagt er, auch nicht in seinem ernüchternden ersten Jahr. Es gab Gründe für den Fehlstart: Mit einer Verletzung war er aus Augsburg zum VfB gekommen und verpasste Teile der Vorbereitung; im darauffolgenden Winter verabschiedete sich der verhinderte Dribbelkünstler zum Afrikacup und fehlte erneut wochenlang. In dieser Saison war alles anders: Vom ersten Tag an habe er sich topfit gefühlt – „und es hat ihm auch gutgetan, dass sich Guinea diesmal nicht für den Afrikacup qualifiziert hat“, wie Labbadia meint.

Mit jedem Einsatz wuchs Traorés Selbstvertrauen und sein Ansehen unter den Mitspielern, die ihm auch dann noch den Ball gaben, wenn die ersten Dribblings misslungen waren. „Ich habe davon profitiert, dass wir einen kleinen Kader haben“, sagt Traoré. Die englischen Wochen seien zwar „richtig anstrengend“ gewesen, „aber es war für mich wichtig, viele Einsatzzeiten zu bekommen. Ich habe mich gefreut, wenn wir drei Spiele pro Woche hatten, denn ich wollte unbedingt beweisen, dass ich auf diesem Niveau mithalten kann.“

Der schwerste Schritt steht noch bevor

Das ist gelungen, er hat sich etabliert – den noch schwereren Schritt aber sieht Traoré vor sich: „Jetzt muss ich beweisen, dass das kein Zufall war – jetzt will ich zeigen, dass ich nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter Bundesligaspieler bin. Ich werde daher noch eine Schippe drauflegen.“ Das hören sie gerne beim VfB, wenngleich die Gefahr besteht, dass Traoré für andere Vereine noch interessanter werden könnte, als er ohnehin schon ist. Bereits im Winter gab es Interesse aus England, das angesichts der Entwicklung in den vergangenen Wochen nicht kleiner geworden sein dürfte. Nur bis 2014 läuft Traorés Vertrag, der VfB wird versuchen, ihn zeitnah zu verlängern. „Wir sind sehr zufrieden mit ihm“, sagt der Manager Fredi Bobic.

Am Samstagnachmittag geht es aber erst einmal gegen den FC Augsburg, Traorés früheren Club. Es ist für den Stürmer kein ganz besonderes Spiel mehr – auch das gehört zur Weiterentwicklung. „Ich hoffe, dass Augsburg in der Bundesliga bleibt“, sagt er. Das wird ihn aber nicht davon abhalten, den Ball ins Tor zu schießen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. „Ich bin schließlich ein Profi.“