Mit dem Cloud-Computing-System "Dropbox" hat Drew Houston Millionen verdient. Jetzt will er großen Playern wie Google und Apple Konkurrenz machen.

Silicon Valley - Vor vier Jahren war Drew Houston noch einer von vielen Informatikabsolventen, der seine eigene kleine Firma starten wollte. Er spielte Gitarre in einer Coverband, saß in seinem Apartment in Massachusetts und rechnete sich aus, dass er mindestens ein paar Hundert Nutzer bräuchte, um sich nicht als kompletter Idiot zu fühlen - schließlich hatte er gerade seinen Job als Softwareentwickler mit 85.000 Dollar Jahresgehalt gekündigt. Heute braucht er eine extra Software, um nachzuvollziehen, wie viele Leute gerade seinen Dropbox-Dienst nutzen.

 

Dieser hat inzwischen 50 Millionen Nutzer weltweit, jeden Tag werden 325 Millionen Dateien dort gespeichert. Sein Unternehmen ist eine der am schnellsten wachsenden Firmen im kalifornischen Silicon Valley. Der frühere Apple-Chef Steve Jobs und Sergey Brin von Google hatten Interesse, den Dienst zu kaufen. Aber Drew Houston hat höhere Pläne: "Ich will nicht an sie verkaufen, sondern selbst das nächste Apple oder Google erschaffen", sagt er selbstbewusst.

Seine Idee, die ihm den Durchbruch brachte, ist verblüffend einfach: Weil immer mehr Leute Smartphones, Tablet-Computer und Laptops parallel benutzen, wollen sie überall auf alle ihre Dateien zugreifen können, egal wo sie sich gerade befinden. Die Dropbox ist eine Art Cloud, in der die Eigentümer ihre Dateien lagern und auch mit anderen teilen können, wenn sie ihr Passwort weitergeben. So stellen Astronomen ihre neuesten Teleskopaufnahmen in die "Wolke", Hauseigentümer ihre Pläne, die viel zu umfangreich für normale E-Mail-Dienste sind, Familien die Fotos vom letzten Fest.

Dabei spielt es keine Rolle, welches Betriebssystem der Rechner oder das Smartphone nutzt - es war von Anfang an Houstons Ehrgeiz, dass Dropbox überall und in jedem Land funktioniert.

Ein vergessener USB-Stick war der Start der Dropbox

Es ist eine moderne Variante der Tellerwäscherkarriere, die der Dropbox-Gründer der "Los Angeles Times" erzählt. Schon mit drei Jahren beginnt der in Boston aufgewachsene Houston, mit Computern zu spielen, mit fünf bringt ihm sein Vater bei, wie man programmiert. An der Uni in Massachusetts schreibt er zum Zeitvertreib Programme für Onlinepoker, und im November 2006 hat er dann das Schlüsselerlebnis zu seiner bahnbrechenden Erfindung.

Am Busbahnhof von Boston, auf dem Weg nach New York, stellt er fest, dass er seinen USB-Stick vergessen hat. Die vier Stunden Busfahrt nutzt er, um ein Programm zu schreiben, mit dessen Hilfe er niemals mehr ohne seine Dateien unterwegs ist. Zusammen mit seinem Kommilitonen will er mit dieser Idee eine Firma gründen.

Mit 15.000 Dollar Startkapital beginnen die beiden im September 2007 in einem engen Apartment in San Francisco, sie programmieren 15 Stunden täglich und finden weitere Investoren. Im März 2008 stellen sie ein Demovideo ins Netz - und finden sofort 70.000 Interessenten. Als das Unternehmen Dropbox sechs Monate später offiziell startet, sind es schon 100.000 Nutzer, später Millionen. Für den Marktforscher Ted Schadler liegt der Erfolg von Dropbox darin, dass es leicht zu bedienen ist: "Die Nutzer müssen keine seitenlangen Anweisungen befolgen", sagt er.

Kritiker lassen nicht lange auf sich warten

Drew Houston weiß, dass sein Erfolg schnell ein Ende finden kann. Apple arbeitet an einem eigenen Cloud-System, in dem die Nutzer Filme, Musik und Fotos lagern können. Noch aber schwimmt er auf der Welle des Erfolgs: Der Wert seines Unternehmens wird auf vier Milliarden Dollar geschätzt, sein eigener Anteil beträgt rund 600 Millionen auf dem Papier. Immer noch trägt der 28-Jährige meistens Jeans und ein Kapuzenshirt mit dem Firmenlogo, jeden Freitagabend gibt es ein "Whisky-Meeting", und danach jammt Houston auf der Gitarre mit seinen Mitarbeitern im Dropbox-Büro.

Im nächsten Monat zieht das Unternehmen in größere Räume um. Dort gibt es ein eigenes Fitness-Studio, ein Café und Platz für mehrere Hundert Mitarbeiter - jetzt sind es noch weniger als hundert.

Houstons ehrgeiziger Plan ist es, die Nummer eins im Lagern und Verwalten von Dateien im Internet zu werden. Doch schon stehen Konkurrenten bereit, schon gibt es Kritik, dass die Daten nicht sicher seien vor dem Zugriff Dritter. Der Zauber der ersten Zeiten sei vorbei, sagte Drew Houston. Früher habe er eine Nacht lang bei Kaffee durchgearbeitet, und die Arbeit war getan. Heute müsse er Strategien für die Zukunft entwickeln: "Die Freude ist nicht mehr so unvermittelt, wenn die Dinge größer werden."

Virtueller Datenspeicher

Dienst In der Dropbox kann jeder Nutzer Dateien von einem Umfang bis zu zwei Gigabyte kostenlos in einer sogenannten Cloud lagern. Er kann darauf von jedem beliebigen Endgerät zugreifen, sei es ein PC, Laptop oder Smartphone. Auf Einladung können die Dateien auch mit anderen Nutzern geteilt werden. Jede Dropbox ist durch ein Password geschützt. Wenn ein Kunde mehr Speicherplatz benötigt, muss er für den Service monatliche Gebühren von zehn Dollar für 50 Gigabyte beziehungsweise 20 Dollar für 100 Gigabyte bezahlen.

Verbreitung Derzeit nutzen rund 50 Millionen Menschen den Dropbox-Service, 32,7 Prozent von ihnen stammen aus den USA. Etwa 6,5 Prozent der Nutzer leben in Deutschland.