Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)
Beim zweiten großen Thema der Amtszeit Mappus, dem EnBW-Deal, haben da auch alle Fehler gemacht?
Natürlich haben wir Anlass zu Selbstkritik, und die habe ich bereits auf dem Parteitag 2012 in Karlsruhe sehr deutlich formuliert. Ich habe beispielsweise gesagt, wir sollten aus Parteiräson nicht Dinge verteidigen, die nicht zu verteidigen sind. Dass im Verfahren schwerste Fehler gemacht worden sind - Stichwort: Nichtbeteiligung des Landtags -, ist unbestreitbar. Ich sagte auch schon damals, über die Angemessenheit des Kaufpreises entscheiden letztlich nicht Parteien, sondern Gerichte.
Weshalb kamen die Einwände nicht früher?
Ich kann nur beeinflussen, was ich auch weiß. Vom Rückkauf der EnBW-Aktien habe ich erst Kenntnis erhalten, als alles schon gelaufen war.
Stefan Mappus hat in Ihrem Beisein einmal gesagt: „Lieber 15 Monate MP (Ministerpräsident) als gar nie MP.” Die Aufarbeitung seiner Amtszeit dauert jetzt schon doppelt so lange. Wie sehr schreckt Sie die Aussicht auf einen Prozess zum EnBW-Deal parallel zum nächsten Wahlkampf?
Es war nicht meine Vorstellung, dass die Aufarbeitung so lange Zeit in Anspruch nimmt. Aber der Ausschuss und die Gerichtsverfahren werden so lange dauern, wie die Beteiligten das für notwendig erachten. Da lege ich mir Zurückhaltung auf. Bei der Wahl 2016 wird es indessen um andere Themen gehen: um die Bildungspolitik, die Finanz- und Haushaltspolitik, die Verkehrsinfrastruktur und mehr. Das spüre ich, wenn ich mich mit den Menschen unterhalte.
Es wurde immer wieder gestreut, Sie hätten mäßigend auf Mappus eingewirkt oder sogar Schlimmeres verhindert. Stimmt das? Können Sie uns ein Beispiel geben?
Das beschäftigt mich nicht. Für die Zukunft des Landes und der CDU ist es nicht von Bedeutung, was es damals an internen Prozessen gegeben hat.
Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten. Sagt Helmut Kohl.
Ja, deshalb haben wir die Dinge in einem selbstkritischen Prozess aufgearbeitet, mit großer Transparenz. Uns liegt nichts an Legendenbildung. Was für die Zukunft relevant ist, wird aufgearbeitet.
Haben Sie den Eindruck, dass die Amtszeit Mappus und Ihre Rolle damals die Menschen in Baden-Württemberg nicht mehr sonderlich interessiert?
Diesen Eindruck habe ich. Ich bin viel im Land unterwegs, führe Gespräche mit Parteifreunden und Besuchern von Veranstaltungen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt auf dieses Thema angesprochen worden bin – seit der Bundestagswahl nicht ein einziges Mal.
Nach unserer Wahrnehmung wird in der Partei bis heute gefragt, wie Sie so gegensätzlichen Personen wie Günther Oettinger und Stefan Mappus als Generalsekretär dienen konnten.
Mit Günther Oettinger bin ich seit 30 Jahren freundschaftlich verbunden. Aber ich war nicht der Generalsekretär Oettingers, sondern der CDU Baden-Württembergs. Als anderthalb Jahre vor der Landtagswahl Stefan Mappus kam, waren wir schon mitten in den Wahlkampfvorbereitungen.
Welches ist denn jetzt der echte Thomas Strobl: der Lautsprecher von Mappus oder der Modernisierer nach Mappus?
Ich bin jetzt mehr als zwei Jahre Landesvorsitzender. Meine wichtigste Aufgabe, das habe ich immer gesagt, ist die Integration. Das ist ganz gut gelungen. Die CDU Baden-Württemberg ist nach dem Regierungsverlust nicht in Lager und Gruppen zerfallen. Wir haben heute eine ganz andere Diskussionskultur als in der Vergangenheit. Man darf auch den Vorsitzenden kritisieren, ohne dass man in eine Ecke gestellt wird. Auch beim Projekt Frauen im Fokus sind wir sehr gut vorangekommen, da gibt es eine neue Offenheit. Vielleicht tut man sich mit einem solchen Prozess leichter in der Oppositionszeit.
War es also gut für die CDU, vielleicht sogar fürs Land, dass Mappus die Wahl verloren hat?
Das ist eine hypothetische Frage, die zu beantworten schwierig bis unmöglich ist – auch weil sie eine menschliche Dimension hat. Vielleicht hätten wir manche Probleme nicht – aber wer weiß, welche Probleme wir statt dessen hätten?