Wer mehr Menschen in Busse und Bahnen locken will, muss preislich attraktive Angebote machen. Die jährlichen Tariferhöhungen sind der falsche Weg, meint Redakteur Thomas Durchdenwald

Irgendwie passt es: An dem Tag, an dem die Pläne für die VVS-Tariferhöhung bekannt werden, sorgt ein Defekt für ein mittleres Chaos im S-Bahn-Verkehr. Doch die Verantwortlichen registrieren diese technischen Defekte mittlerweile mit einer für die Betroffenen aufreizenden Routine. Geradeso gehen die Verkehrsunternehmen vor, wenn sie nun wie alle Jahre wieder die VVS-Tarife zum Jahreswechsel nach oben schieben wollen. Motto: was ist so schlimm, wir haben uns doch alle daran gewöhnt? Aber sollte das auch für schlechte Angewohnheiten gelten?

 

Gewiss: die Steigerung um 1,9 Prozent fällt deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Dennoch strapazieren die VVS-Verkehrsunternehmen, allen vor DB Regio und SSB, die finanziellen Möglichkeiten und die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden. Die Schere öffnet sich jedenfalls immer weiter. Einerseits steigen die Fahrpreise, andererseits kommen die Fahrgäste zwar in den Genuss von Verbesserungen, etwa neuen Stadt- und S-Bahnlinien, doch sie müssen auch dauerhaft Abstriche machen an der Qualität des Angebots – etwa wenn sich S-Bahnen verspäten (und keine Besserung in Sicht ist). Oder wenn Stadtbahnen von Pfingsten an wegen S 21-Arbeiten über Monate hinweg Umwege fahren müssen.

Ob die Steigerungen einfach so weitergehen können oder ob nicht erstmals, was richtig wäre, eine Nullrunde durchgesetzt werden muss, ist eine Frage, die sich die Politik in Stuttgart, den Kreisen und der Region stellen muss. Jene Politik, die das hohe Lied vom öffentlichen Nahverkehr singt, es aber schweigend hinnimmt, dass die Fahrgäste immer mehr zur Finanzierung beitragen, weil das die öffentlichen Kassen schont. Wie will man dann regelmäßigen ÖPNV-Nutzern erklären, dass es beim Feinstaubalarm besonders günstige Tickets gibt? Wer Zuwächse bei Bussen und Bahnen anstrebt, muss dauerhaft preislich attraktive Angebote machen und sich dies etwas kosten lassen. Das ist auch im VVS bekannt, der das mit dem Senioren- und dem Jobticket praktiziert. Auf diesem erfolgreichen Weg sollte er weitergehen – nicht auf dem der jährlichen Erhöhungen.