Der neue VfB-Präsident Gerd Mäuser zieht die richtigen Schlüsse aus der hitzigen Mitgliederversammlung, meint Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Hansi Müller hat nichts verstanden - selbst nach neun Stunden intensiver Diskussion. Anstatt am Ende eine turbulenten Hauptversammlung die Versöhnung einzuleiten, maßregelte der in den Aufsichtsrat des VfB Stuttgart gewählte Ex-Nationalspieler die aufbegehrenden Mitglieder. Von fehlendem Respekt gegenüber der Führungsriege sprach Müller und von fehlendem Verantwortungsgefühl gegenüber dem Club. Das klang reichlich deplatziert, hatten sich doch viele Teilnehmer der Marathonveranstaltung gerade an der Gutsherrenart gestört, mit der aus ihrer Sicht in den vergangenen Jahren die Vereinspolitik durchgepeitscht worden war.

 

Es ist gut für den VfB, dass der neue Präsident nicht Hansi Müller, sondern Gerd Mäuser heißt. In einer der Situation angemessenen Bescheidenheit und Demut nahm der ehemalige Porsche-Manager den Zittersieg mit 58,7 Prozent der Stimmen zur Kenntnis und versprach, die Wünsche der Mitglieder ernst zu nehmen und für mehr Transparenz zu sorgen. Mäuser scheint die richtigen Lehren aus der hitzigen Mitgliederversammlung gezogen zu haben, in der sich auch der Bankmanager Björn Seemann und der Ex-Torwart Helmut Roleder um das Präsidentenamt bemüht hatten.

Pfiffe und Buhrufe begleiteten Hundts Auftrit

Mäusers Fazit lautet: Ich habe verstanden. Ob dies auch für Dieter Hundt gilt? Das ist eher unwahrscheinlich. Sein Ergebnis belaste ihn überhaupt nicht, sagte der Aufsichtsratschef des VfB, nachdem 50,7 Prozent der rund 2500 anwesenden Mitglieder für eine Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden gestimmt hatten. Um Hundt des Amtes zu entheben, wäre allerdings eine Dreiviertelmehrheit erforderlich gewesen.

Bereits in der vorangegangenen Aussprache war deutlich geworden, dass der Aufsichtsratschef in den Augen vieler Mitglieder das Hauptproblem des Vereins darstellt und ihn spaltet. Pfiffe und Buhrufe begleiteten Hundts Auftritt - sowie der Vorwurf, sich in einem nicht akzeptablen Maß ins operative Geschäft des Vereins einzumischen. Da liegt der Rücktritt nahe - aber nicht bei Dieter Hundt. Ihm ein dickes Fell zu attestieren, wäre deshalb maßlos untertrieben. Es ist doch eher ein Titanpanzer.

Dadurch steckt Gerd Mäuser gleich zu Beginn seiner Amtszeit in der Zwickmühle. Einerseits fühlt sich der 53-Jährige zur Loyalität gegenüber Dieter Hundt verpflichtet. Schließlich hat er das Präsidentenamt nicht zuletzt dem Aufsichtsratschef zu verdanken, der ihn als Nachfolger von Erwin Staudt vorgeschlagen hatte. Mäuser hätte sich von Hundt distanzieren können, so wäre ihm bei der Abstimmung eine größere Mehrheit sicher gewesen. Das wollte er aber nicht. Andererseits stellt Hundt ein hohes Hindernis auf dem von Mäuser eingeschlagenen Weg der Versöhnung mit den unzufriedenen Mitgliedern dar.

Es bleibt also alles anders beim VfB

Den Worten von Mäuser ist zu entnehmen, dass er sich dem Wunsch nach Mitspracherecht nicht verschließen will. Das klingt nach viel Arbeit, lohnt sich aber. Viele VfB-Mitglieder wollen von den Entscheidungen überzeugt, wollen mitgenommen werden. Zuletzt fühlten sie sich wie Wartende an einer Haltestelle, an der der Bus ungebremst vorbeirast. Zu berechtigtem Verdruss führte auch eine vom Verein unmittelbar vor der Hauptversammlung verschickte Broschüre, in der das Schreckgespenst Lizenzentzug an die Wand gemalt worden ist - für den Fall, dass Gerd Mäuser nicht gewählt werden würde.

Dem Anspruch eines korrekten Miteinanders wurden aber auch viele kritische Mitglieder während der Versammlung nicht gerecht. Sie unterbrachen unliebsame Redner mit einem Pfeifkonzert. Zudem war das Abstimmverhalten nicht gerade in sich schlüssig. So wurde erst von vielen Seiten mehr Demokratie eingefordert, dann aber der Antrag auf mehr als nur einen Präsidentschaftskandidaten mit großer Mehrheit nicht zugelassen. Es bleibt also alles anders beim VfB.