Mit Russland-Geschäften wollte die EnBW großes Geld verdienen. Nun streitet der Energiekonzern mit einem Moskauer Lobbyisten wie eigenen (Ex-)Managern – und sieht dabei nicht gut aus. Ein Kommentar von Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Russland-Affäre wächst sich für die EnBW allmählich zu einem veritablen Debakel aus. Gleich zwei schlechte Nachrichten dazu musste der Karlsruher Energiekonzern am Dienstag verdauen. Zum einen hat der Moskauer Lobbyist Andrey Bykov nun auch das dritte Schiedsverfahren gewonnen. Von den strittigen fast 120 Millionen Euro darf er endgültig den Großteil behalten. Das Urteil konterkariert die Versuche der EnBW, ihn als unseriösen Geschäftspartner darzustellen. Es wirft eher die Frage auf, wie leichtfertig das Unternehmen mit dem Geld (auch seiner Kunden) umgegangen ist.

 

Zum anderen wachsen die Zweifel, ob die EnBW mit den Millionenklagen gegen eigene (Ex-)Manager gut beraten ist. In einem von vier Fällen riet das Landgericht Heidelberg jetzt dringend zu einer gütlichen Einigung. Demnächst startet in Landau das brisanteste Verfahren, gegen den amtierenden Technikvorstand, von dem der Konzern sage und schreibe 80 bis 90 Millionen Euro verlangt. Schwerer noch als der finanzielle Verlust wiegt indes der Rufschaden durch die Russland-Affäre. Der neue Vorstandschef Frank Mastiaux kann ihn allenfalls begrenzen. Anders als sein Vorgänger Hans-Peter Villis, dessen Rolle noch undurchsichtig ist, könnte er rückhaltlos aufklären. Man darf gespannt sein, wie er mit dem geerbten Problem umgeht.