Nach seinem gescheiterten Prozesskostenhilfe-Verfahren hatte Detlev Zander der Brüdergemeinde ein Vergleichsangebot gemacht – die hat das nun abgelehnt. Man wolle stattdessen eine Lösung für alle finden, die in den Kinderheimen misshandelt und sexuell missbraucht worden sind.

Korntal-Münchingen - Ist das der Schlussstrich unter die seit einem Jahr andauernde juristische Auseinandersetzung zwischen der Brüdergemeinde Korntal und Detlev Zander? Wie die Gemeinde jetzt mitteilt, hat sie das Vergleichsangebot von Zander, der einst in einem Heim der Diakonie missbraucht worden ist, abgelehnt. Ursprünglich hatte eine Schadenersatzklage in Höhe von 1,1 Millionen Euro im Raum gestanden, zuletzt hatte Zander seine Forderung auf 127 000 Euro heruntergeschraubt. Jetzt kündigt er an, vorerst keine weiteren juristischen Schritte mehr einzuleiten.

 

Für beide Seiten scheint nun die gemeinsame Aufarbeitung unter der Leitung der Professorin Mechthild Wolff im Vordergrund zu stehen. „Wir tragen Verantwortung für alle Heimopfer“, teilt die Brüdergemeinde mit. Man wolle allen Opfern „individuelle Hilfen zur Überwindung ihres Leids zukommen lassen. Finanzielle Einzelforderungen wie die von Herrn Zander sind für uns keine Option.“ Für Zander ist dies keine Überraschung, er äußert sich fast erleichtert: Nun könne ihm niemand mehr vorwerfen, dass es ihm nur um seinen eigenen Vorteil gehe. „Jetzt bin ich frei und habe die Kraft ganz für die Aufarbeitung. Ich werde für alle etwas erreichen.“

Irritiert zeigt Zander sich indes über die Begründung der Brüdergemeinde. Denn in einem an ihn gerichteten Schreiben hatte der weltliche Vorsteher der Gemeinde, Klaus Andersen, ganz andere Gründe genannt – und erklärt, man könne Zander keine Zahlung gewähren, weil der Brüdergemeinde sonst der Verlust der Gemeinnützigkeit drohe. Dies habe eine Beratung mit der Evangelischen Landeskirche und dem Diakonischen Werk ergeben.

Andersen sagt nun, diese Aussage sei eine ausschließlich für Zander gedachte Zusatzinformation gewesen. Zander wiederum kritisiert in dem Zusammenhang auch die Landeskirche, weil diese bislang stets auf die Selbstständigkeit der Brüdergemeinde verwiesen habe – um zu betonen, dass sie keinen Einfluss auf die Entscheidungen in Korntal habe. Nun entstehe ein anderer Eindruck, sagt Zander.

Auch das weist Andersen zurück. „Dort wo wir vernetzt sind, informieren wir“, sagt er. Man habe die Landeskirche informiert und um eine Rückantwort gebeten, mehr nicht.

Zanders Kritik, die Gemeinde bleibe bei der Frage nach der finanziellen Entschädigung nach wie vor vage, kann Andersen ebenfalls nicht nachvollziehen. Über dieses Thema habe man bereits konkret gesprochen. Wie er schon beim Treffen der Interessengemeinschaft Heimopfer Ende März betont habe, brauche die Anerkennung des Leids aller Betroffenen eine tragfähige Lösung, sagt Andersen. „Es gibt keine Alternative zur Aufarbeitung.“ Für die Entschädigung wolle man alle mit ins Boot holen.

Wie genau die Entschädigung aussehen kann, soll beim nächsten Treffen der Steuerungsgruppe Mitte Mai besprochen werden. Sollte es keine Entschädigung geben, werde man diese einklagen, sagt Zander.

Eventuell sind die Beteiligten Mitte Mai auch weiter, was ihr Engagement beim Kirchentag im Juni angeht. Die Heimopfer werden mit einem Stand vertreten sein, und die Brüdergemeinde denkt darüber nach, dort über die Aufarbeitung zu berichten. „Ich fände es einmalig und wünschenswert, wenn wir dort etwas machen“, sagt Andersen.