Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Dass in Basel aber eben nicht nur die große internationale Kunst etwas zähle, sondern auch jungen lokalen Kreativen und experimentellen Kulturformen eine Plattform geboten werde, etwa mit Zwischennutzungen, Off-Spaces und Projekträumen, hält die Rektorin für einen „gesunden Kulturansatz“. Im nur einen Steinwurf von ihrem Büro entfernten Haus der elektronischen Künste (HeK) fällt eine kleine Wandaufschrift ins Auge: „Das HeK bedankt sich für die Realisierung des Neubaus (...)“ beim Bund, der Stadt, zwei Stiftungen – und einem „anonymem Spender“. Das Basler Mäzenatentum also, das schon Sam Keller ins Spiel gebracht hatte. Darüber wollen wir mehr wissen. Per Tram geht’s nun zum Kunstmuseum. Hier wird der bereits erwähnte Gemeinschaftssinn lebendig: Gerade angelaufen ist Baselitz auf Papier, parallel zur Retrospektive der Fondation Beyeler. Das auf drei Häuser verteilte Kunstmuseum ist aber auch die richtige Adresse, um dem historischen Fundament des Basler Kulturreichtums und eben dem Mäzenatentum nachzuspüren.

 

Denn das von Josef Helfenstein geführte Haus kann sich rühmen, die erste öffentliche Kunstsammlung der Welt zu sein, 1661 entstanden, nachdem die Ratsherren das private Kunstkabinett der Humanistenfamilie Amerbach erworben hatten. Womit die heute – auch dank zahlreicher Schenkungen und Leihgaben – so hochkarätige Sammlung so etwas wie der Nukleus der Verbundenheit der Basler mit der Kultur sein dürfte. Dreihundert Jahre später schreibt diese noch einmal Geschichte. 1967 entschied die Bevölkerung per Referendum: „All you need is Pablo“ und beschloss, sechs Millionen Franken an Steuergeldern auszugeben, um zwei Picasso-Gemälde im Kunstmuseum zu halten. Wo sonst wäre so etwas möglich?

„Me git, aber me sait nyt“

Von rechts bis links, von reich bis arm – dass Kultur wichtig sei, bestreite in Basel niemand, auch das hatte Sam Keller gesagt. Die Hälfte der Baukosten des wuchtigen, vor zwei Jahren eröffneten Erweiterungsbaus des Kunstmuseums, also 50 Millionen Franken, übernahm Maja Oeri und ihre Laurenz-Stiftung. Die Roche-Erbin gehört zu dem, was die Basler den „Daig“ nennen: jene Gruppe schwerreicher Menschen, die viel von ihrem vielen Geld unter anderem der Kultur zukommen lassen, dafür aber nicht gelobt werden wollen. „Me git, aber me sait nyt“ – man gibt, aber man spricht nicht darüber. Mit 46 Stiftungen pro 10 000 Einwohnern ist Basel die Stadt mit der höchsten Stiftungsdichte der Schweiz.

Ganz ohne Tram, weil nur einen Katzensprung vom Kunstmuseum entfernt, erreichen wir Ingrid Trobitz, Kommunikationschefin des Theaters Basels. Der gläserne Schauspielhaus-Neubau in der Steintorstraße wurde nur möglich durch die Finanzspritze von acht anonymen Mäzeninnen, die sich „Ladies first“ nannten, erzählt sie. Trobitz war, bevor sie nach Basel ging, Pressesprecherin des Stuttgarter Schauspiels. Beide Städte seien sich mit ihrem Bürgertum, ihrem Wohlstand und auch in der Mentalität durchaus ähnlich, doch in Basel reichten die Kulturwurzeln „historisch tiefer“. Die erste Universität der Schweiz, Erasmus von Rotterdam, Holbein der Jüngere. Nietzsche ...

125 Millionen Franken für Kultur

Schließlich sitzen wir im Büro von Sonja Kuhn, einer der beiden Co-Leiterinnen der Kultur-Abteilung der Stadt. Auch sie kennt die Kulturhistorie bestens, schlägt aber den Bogen in die Zukunft: Kulturvermittlung breit in die Gesellschaft hinein, das sei eines ihrer zentralen Anliegen, sagt sie, dann überreicht sie uns ein Heft: Basler Kultur in Zahlen. Eine sticht heraus: 125 Millionen Franken für Kultur im Jahr 2016. Stuttgart kann ungefähr 145 Millionen Euro bieten – hat aber dreimal so viel Einwohner. Jetzt könnten wir doch endlich mal auf den Rhein schauen – das, was der Basler, neben Kultur zu erleben, am liebsten macht. Darin schwimmen, wie der ältere Herr, der sich beim Museum Tinguely in die winterkalten Fluten stürzte? Wir haben eine bessere Idee: raus zur Fondation und einen Blick in den benachbarten Iselin-Weber-Park werfen, wo sich der einzigartige Kunst-Natur-Architektur-Cluster mit drei Erweiterungsbauten von Peter Zumthor für die Zukunft rüsten will. Schweizer Pünktlichkeit: An der Schifflände steht eine grüne Sechser-Tram.

Legendärer Volksentscheid für die Kunst

Dass in Basel aber eben nicht nur die große internationale Kunst etwas zähle, sondern auch jungen lokalen Kreativen und experimentellen Kulturformen eine Plattform geboten werde, etwa mit Zwischennutzungen, Off-Spaces und Projekträumen, hält die Rektorin für einen „gesunden Kulturansatz“. Im nur einen Steinwurf von ihrem Büro entfernten Haus der elektronischen Künste (HeK) fällt eine kleine Wandaufschrift ins Auge: „Das HeK bedankt sich für die Realisierung des Neubaus (...)“ beim Bund, der Stadt, zwei Stiftungen – und einem „anonymem Spender“. Das Basler Mäzenatentum also, das schon Sam Keller ins Spiel gebracht hatte. Darüber wollen wir mehr wissen. Per Tram geht’s nun zum Kunstmuseum. Hier wird der bereits erwähnte Gemeinschaftssinn lebendig: Gerade angelaufen ist Baselitz auf Papier, parallel zur Retrospektive der Fondation Beyeler. Das auf drei Häuser verteilte Kunstmuseum ist aber auch die richtige Adresse, um dem historischen Fundament des Basler Kulturreichtums und eben dem Mäzenatentum nachzuspüren.

Denn das von Josef Helfenstein geführte Haus kann sich rühmen, die erste öffentliche Kunstsammlung der Welt zu sein, 1661 entstanden, nachdem die Ratsherren das private Kunstkabinett der Humanistenfamilie Amerbach erworben hatten. Womit die heute – auch dank zahlreicher Schenkungen und Leihgaben – so hochkarätige Sammlung so etwas wie der Nukleus der Verbundenheit der Basler mit der Kultur sein dürfte. Dreihundert Jahre später schreibt diese noch einmal Geschichte. 1967 entschied die Bevölkerung per Referendum: „All you need is Pablo“ und beschloss, sechs Millionen Franken an Steuergeldern auszugeben, um zwei Picasso-Gemälde im Kunstmuseum zu halten. Wo sonst wäre so etwas möglich?

„Me git, aber me sait nyt“

Von rechts bis links, von reich bis arm – dass Kultur wichtig sei, bestreite in Basel niemand, auch das hatte Sam Keller gesagt. Die Hälfte der Baukosten des wuchtigen, vor zwei Jahren eröffneten Erweiterungsbaus des Kunstmuseums, also 50 Millionen Franken, übernahm Maja Oeri und ihre Laurenz-Stiftung. Die Roche-Erbin gehört zu dem, was die Basler den „Daig“ nennen: jene Gruppe schwerreicher Menschen, die viel von ihrem vielen Geld unter anderem der Kultur zukommen lassen, dafür aber nicht gelobt werden wollen. „Me git, aber me sait nyt“ – man gibt, aber man spricht nicht darüber. Mit 46 Stiftungen pro 10 000 Einwohnern ist Basel die Stadt mit der höchsten Stiftungsdichte der Schweiz.

Ganz ohne Tram, weil nur einen Katzensprung vom Kunstmuseum entfernt, erreichen wir Ingrid Trobitz, Kommunikationschefin des Theaters Basels. Der gläserne Schauspielhaus-Neubau in der Steintorstraße wurde nur möglich durch die Finanzspritze von acht anonymen Mäzeninnen, die sich „Ladies first“ nannten, erzählt sie. Trobitz war, bevor sie nach Basel ging, Pressesprecherin des Stuttgarter Schauspiels. Beide Städte seien sich mit ihrem Bürgertum, ihrem Wohlstand und auch in der Mentalität durchaus ähnlich, doch in Basel reichten die Kulturwurzeln „historisch tiefer“. Die erste Universität der Schweiz, Erasmus von Rotterdam, Holbein der Jüngere. Nietzsche ...

125 Millionen Franken für Kultur

Schließlich sitzen wir im Büro von Sonja Kuhn, einer der beiden Co-Leiterinnen der Kultur-Abteilung der Stadt. Auch sie kennt die Kulturhistorie bestens, schlägt aber den Bogen in die Zukunft: Kulturvermittlung breit in die Gesellschaft hinein, das sei eines ihrer zentralen Anliegen, sagt sie, dann überreicht sie uns ein Heft: Basler Kultur in Zahlen. Eine sticht heraus: 125 Millionen Franken für Kultur im Jahr 2016. Stuttgart kann ungefähr 145 Millionen Euro bieten – hat aber dreimal so viel Einwohner. Jetzt könnten wir doch endlich mal auf den Rhein schauen – das, was der Basler, neben Kultur zu erleben, am liebsten macht. Darin schwimmen, wie der ältere Herr, der sich beim Museum Tinguely in die winterkalten Fluten stürzte? Wir haben eine bessere Idee: raus zur Fondation und einen Blick in den benachbarten Iselin-Weber-Park werfen, wo sich der einzigartige Kunst-Natur-Architektur-Cluster mit drei Erweiterungsbauten von Peter Zumthor für die Zukunft rüsten will. Schweizer Pünktlichkeit: An der Schifflände steht eine grüne Sechser-Tram.