Mineure haben eine Röhre des Albabstiegstunnels durchgeschlagen, die Arbeiten blieben im Zeit- und Kostenrahmen. Auch wenn die Strecke früher fertig werden sollte, eine Inbetriebnahme ohne Stuttgart 21 lehnt der Bahn-Chef Grube ab.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Ulm - Die Neubaustrecke nach Ulm und der umgebaute Bahnknoten von Stuttgart 21 werden gleichzeitig in Betrieb gehen. Das hat der Bahn-Chef Rüdiger Grube am Rande der Feier des Tunneldurchbruchs in Ulm im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung bekräftigt. Es habe aus seiner Sicht wenig Sinn, die beiden Projekte zeitlich voneinander zu trennen. Die aktuellen Pläne sehen vor, dass Ende 2021 die ersten Züge fahren. „Wir müssen dazu in Stuttgart zwei Jahre aufholen. Wir tun unser Möglichstes. Ich lege aber meine Hand nicht dafür ins Feuer, dass es ganz gelingt“, so Grube. Zuvor hatten Mineure vor gut 400 geladenen Gästen die letzten Meter des sogenannten Albabstiegstunnels gegraben. Die beiden parallelen je gut 5900 Meter langen Röhren führen die Gleise der Neubaustrecke von der Albhochfläche in den Bereich des Ulmer Hauptbahnhofs und überwinden dabei einen Höhenunterschied von 95 Metern.

 

Tunnelpatin Kretschmann erinnert an die Belastungen

Die Tunnelpatin Gerlinde Kretschmann, Ehefrau des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dankte in kurzen Worten den Tunnelbauern, die sich in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren erfolgreich durch den Untergrund gearbeitet hätten – aber auch all jenen, die mit großer Geduld die mit der Baustelle einhergehenden Belastungen ertragen hätten. An die Adresse von Rüdiger Grube sagte sie: „Vielleicht hat die Bahn für diese Menschen ja noch ein paar Gutscheinle.“ Tatsächlich hat die Bahn während besonders lauter Sprengarbeiten den Betroffenen Hotelgutscheine angeboten – wie sie es auch in Stuttgart tut.

„Auf einer Streckenlänge von 600 Metern haben wir aber nachts die lärmintensiven Arbeiten ganz eingestellt“, sagte Stefan Kielbassa, der den Bau für die Bahn verantwortet. In der zweiten Röhre fehlen noch gut 30 Meter. Diese sollen im Januar geschafft sein. Dann enden auch in diesem Bereich die Belastungen für die Anwohner.

Der Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nannte die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm ein „gutes und großes Projekt für unser Land“. Deswegen beteilige sich Baden-Württemberg mit einem Betrag von 950 Millionen Euro. „Das tut uns finanzpolitisch zwar weh, verkehrspolitisch bin ich aber froh drum.“ Mit weiteren 100 Millionen bezuschusst die Landeskasse die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen, mit der im kommenden Jahr begonnen werden soll. Beide Projekte zusammen brächten Oberschwaben und der Region um Ulm „ganz große Vorteile“, sagte Hermann.

Ulm investiert kräftig in den Stadtumbau

Damit sich die Vorteile entfalteten, investiere die Stadt Ulm weitere 500 Millionen Euro, erklärte der Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU). Dafür baue man eine Tiefgarage, eine Passage und eine zweite Straßenbahnlinie. Der Rathaus-Chef verglich den Tunneldurchbruch mit dem Jahr 1850, als Ulm erstmals eine Eisenbahn-Anbindung erhalten hatte.

Die rund 60 Kilometer lange Neubaustrecke, die bei Wendlingen an das Projekt Stuttgart 21 anknüpft, verläuft gut zur Hälfte in Tunneln, bereits gut die Hälfte davon ist gebohrt. Problematisch, was den Inbetriebnahmetermin anbelangt, ist der Albvorlandtunnel bei Kirchheim/Teck. Die eigentlichen Arbeiten an dem mit 8176 Metern zweitlängsten Tunnel der gesamten Strecke sind im Verzug. Auf den Baustellenflächen fühlen sich streng geschützte Eidechsenarten wohl, die umgesiedelt werden müssen. Nicht nur wegen der Eingriffe in den Lebensraum der Tiere steht das Vorhaben in der Kritik. Gegner monieren, dass der Scheitelpunkt der neuen Strecke höher liege als jener der bestehenden via Filstal und Geislinger Steige. Der gut 3,2 Milliarden Euro teure Neubau bringe dem Güterverkehr also keine Vorteile.

Der Bund denkt an die Fortführung der Strecke nach Bayern

Dieser Einwand hält den Bund nicht davon ab, das Vorhaben mit rund zwei Milliarden Euro zu fördern, wie Norbert Barthle (CDU), Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, unterstrich. Damit der Hochgeschwindigkeitsverkehr nicht an der Donau ende, sei die Fortführung der Strecke in Richtung Augsburg im aktuellen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans in den vordringlichen Bedarf aufgenommen worden. Teile der Strecke sollen für Geschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometer pro Stunde ausgebaut werden.