Nach einem gescheiterten Versuch hat es Werner Wölfle nun geschafft: Er ist neuer Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser.

Stuttgart - Die Bürgermeisterbank im Stuttgarter Rathaus ist wieder komplett. Wenige Wochen nachdem der langjährige Beigeordnete für die Allgemeine Verwaltung und die Krankenhäuser, Klaus-Peter Murawski von den Grünen, zum neuen Chef der Staatskanzlei in der Villa Reitzenstein berufen wurde, hat der Gemeinderat am Mittwoch mit klarer Mehrheit seinen Parteifreund Werner Wölfle (58), den langjährigen Vorsitzenden der grünen Ratsfraktion, zu seinem Nachfolger gewählt. Wölfle erhielt 39 Ja-Stimmen, 16 Stadträte votierten mit Nein, eine Stimme war ungültig. Wölfles Wahl galt seit Wochen als sicher, nachdem die Sprecher der anderen Ratsfraktionen das aus der Gemeindeordnung erwachsene Vorschlagsrecht der Grünen für diesen Bürgermeisterposten anerkannt hatten. Wölfle selbst war bei der Wahl nicht stimmberechtigt.

 

In seiner Bewerbungsrede - Wölfle war der einzige Kandidat - ging der Kommunalpolitiker und wiedergewählte Landtagsabgeordnete auf seine vor einem Jahr gescheiterte Kandidatur für das Amt des Beigeordneten des städtischen Sozialressorts ein: "Vor einem Jahr stand ich schon einmal hier. Eine erneute Kandidatur ist sicher ein Novum in der Geschichte dieser Stadt." Kein Novum allerdings, so Wölfle, "sondern schon eher eine Stuttgarter Tradition ist, dass sich Fraktionsvorsitzende um eine Bürgermeisterposition bewerben". Und wenn er sich umschaue, so betonte Wölfle, sei diese Tradition "nicht schlecht". Wölfle spielte damit auf die Tatsache an, dass seine künftigen Bürgermeisterkollegen Matthias Hahn (SPD) sowie Michael Föll und Susanne Eisenmann (beide CDU) vor ihrem Sprung auf die Bürgermeisterbank ebenfalls Mitglieder des Rates und Vorsitzende ihrer Ratsfraktionen gewesen sind.

Auch auf die in den letzten Tagen wiederholt geäußerte Kritik, Wölfle habe sich vor einem Jahr als "gelernter" Sozialarbeiter um das Sozialressort bemüht - jetzt halte er sich geeignet für das Ressort Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser, ging er ein: "Wie die Personalpolitik beim größten Arbeitgeber der Stadt gemacht wird, ist eine zutiefst soziale Aufgabenstellung. Auch wie die Stadt ihre Bürger in den Bezirken in die politische Willensbildung einbezieht, ist eine soziale Aufgabenstellung."

Erst recht, so Wölfle, gelte dies für das Klinikum und dessen Aufgaben in der Daseinsvorsorge. Mit seiner langen Erfahrung als Kommunal- und Landespolitiker halte er sich für geeignet, auch dieses Ressort im Rathaus zu führen: "Sie kennen mich jetzt alle seit vielen Jahren, Sie haben mich als streitfähig, aber nicht als streitlustig erlebt - mit Durchsetzungsvermögen." Den Rollenwechsel von der politischen Bank auf die Bürgermeisterbank sehe er "als eine Herausforderung", die er gemeinsam mit dem Oberbürgermeister, dem Gemeinderat und den Mitarbeitern der Stadt meistern wolle.

Die Niederlage war abgehakt

Bereits im Vorfeld seiner Wahl hatte Wölfle wiederholt darauf hingewiesen, dass "meine knappe Niederlage vor einem Jahr gegen Isabel Fezer von der FDP nicht persönlich gegen mich gerichtet war". Deshalb habe er diese Niederlage abgehakt. Wie noch gut erinnerlich, war damals die Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch (FDP) in den Ruhestand getreten, Liberale und Freie Wähler hatten danach auf ihr Vorschlagsrecht gepocht. Bei der Wahl selbst fehlte Wölfle eine Stimme aus dem ökolinken Lager.

Ein Gespräch unter vier Augen zwischen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Werner Wölfle hatte vor Wochen den Weg zu Kandidatur und Wahl geebnet. Beide Seiten hatten danach erklärt, man sei offen aufeinander zugegangen - Wölfle habe die unterschiedlichen Rollen eines Stadtrates und eines Beigeordneten anerkannt, besonders die Weisungsbefugnis des Oberbürgermeisters. Ob OB Schuster dem 58-Jährigen gestern seine Stimme gegeben hat, lässt sich aus dem Wahlergebnis nicht ablesen. Am 15.August wird Wölfle sein neues Amt antreten. Spätestens zum Ende dieses Jahres will er sein Landtagsmandat im Filderwahlkreis, das er am 27. März direkt gewonnen hat, niederlegen; für ihn wird sein Ersatzkandidat Nikolaus Tschenk ins Landesparlament nachrücken.

Unterdessen ist in der grünen Ratsfraktion ein Streit über die Nachfolge der beiden Sprecher Werner Wölfle und Muhterem Aras ausgebrochen. Der Freie Architekt Peter Pätzold, unter anderem Fraktionssprecher im Technikausschuss, muss mit einer Kampfkandidatur gegen den Sozialwissenschaftler Jochen Stopper rechnen. Die Entscheidung, wer die größte Ratsfraktion in Zukunft führen wird, soll heute Nachmittag in einer internen Sondersitzung fallen. Fest steht indessen, wer für Werner Wölfle und Mutherem Aras nach der Sommerpause in den Gemeinderat nachrücken wird: die Raum- und Strukturplanerin Beate Schiener, Mitglied im Bezirksbeirat von Degerloch und Mitarbeiterin der Böblinger Stadtverwaltung, sowie Benjamin Lauber, ein Mitarbeiter der grünen Landtagsfraktion.