Viel Zeit hat VfB-Coach Hannes Wolf nicht, schon am Montag wartet mit Greuther Fürth die nächste Herausforderung. Voller Elan geht der 35-Jährige seine neue Aufgabe an. Erste Eindrücke vom neuen Trainer.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Noch ein Handschlag mit dem Finanzvorstand, dann ist das Kapitel VfB Stuttgart für Remy Reynierse beendet. Der Assistent von Jos Luhukay packt seine Siebensachen und braust von dannen, während ein paar Meter weiter der Neue schon voll in seinem Element steckt: „Jawoll, so sieht’s aus!“. „Positionen halten!“. „Sehr gut, sehr gut“, ruft Hannes Wolf über den Trainingsplatz.

 

Dass der neue VfB-Coach ein kommunikativer Typ ist, hat die Öffentlichkeit bereits bei seiner Vorstellung als Nachfolger von Jos Luhukay erlebt. Nun stellt Wolf sein Merkmal auch auf dem Trainingsplatz unter Beweis. Anders als sein Vorgänger, der die Einheiten meist stoisch und mit zusammengepressten Lippen verfolgte, unterbricht er alle paar Minuten, um zu korrigieren oder Einzelgespräche zu führen. Und auch wenn die Dauerbaustelle nebenan im Daimler-Hauptquartier das Gros der Gespräche schluckt, so lässt sich nach den ersten Einheiten feststellen: Wolfs Ansprachen (Deutsch und Englisch) sind klar im Ton und deutlich in der Sache. Ungekünstelt, aber durchaus im Duktus des modernen Trainertyps, in dessen Wortschatz die Lieblingsvokabel eines seiner Vorgänger (der jetzige Löw-Assistent Thomas Schneider) ebenfalls fest verankert ist: Performen.

Die VfB-Profis dürfen über Mittag nach Hause

„Wir wollen gut performen“, sagt also Wolf und zielt damit auf die Verbesserung in allen Mannschaftsteilen. Der 35-Jährige ist Generalist, er will nicht auf solides Verteidigen oder auf Hurra-Fußball reduziert werden. Sondern allein auf erfolgreichen Fußball. Und schnell soll er sein, „mit Klarheit im Ballbesitz und viel Geschwindigkeit Richtung Tor“, wie er es ausdrückt.

Wolf, der Tempomacher.

Dazu praktiziert er Übungen, die seinen Spielern alles abverlangen. Ballzirkulation auf engstem Raum, mal mit einer Berührung, mal mit zwei; schnelle Angriffe durch die Mitte und über außen, das Feld mal eng, mal weit, und immer wieder Abschlüsse.

Dabei läuft Vieles noch nicht so, wie der Bochumer sich das vorstellt. Seine Profis erwecken den Eindruck, als absolvierten sie bestimmte Übungen zum ersten Mal. Immer wieder blicken sie sich fragend an. Bis Wolf wieder in die Mitte stapft und noch mal und noch mal erklärt. So geht das am Dienstag fast drei Stunden lang, Wolf lässt vormittags und am frühen Abend ein zweites Mal trainieren. Dazwischen dürfen die Profis nach Hause, sie sollen sogar. „Ich habe sie das gefragt und sie haben so entschieden“, erzählt der Coach, selbst kein Verfechter des Zehn-Stunden-Tages. Nur das gemeinsame Mittagessen auf dem Clubgelände gehört selbstverständlich dazu.

Noch läuft nicht alles rund

Dass es spieltaktisch noch nicht rund läuft, ist aus Sicht des studierten Sportwissenschaftlers völlig normal. „Entscheidend ist, dass jeder voll mitzieht, und das ist der Fall“, lobt Wolf seinen Kader, der aus 23 Feldspielern plus drei Torhütern besteht. Der frühere Jugendtrainer hat sich noch nicht festgelegt, welche Spieler an der Schnittstelle von erster zu zweiter Mannschaft dauerhaft dazugehören. „Wer Gas gibt, für den sind die Türen immer auf“, kündigt er an.

Wolf selbst, so hat man das Gefühl, geht gar nicht runter vom Gaspedal. Aktivismus scheint sein Rezept gegen den Stress zu sein, der sich für ihn auf dem Schleudersitz VfB-Trainerstuhl früher oder später einstellen wird.

Man führe sich das nur noch einmal vor Augen: Vor anderthalb Wochen trainierte Wolf in Dortmund-Brackel noch 19-Jährige, das Schwabenland und die zweite Liga waren für ihn so weit weg wie für den VfB die Champions Legaue. Dann aus dem Nichts erste Gespräche, schnelle Verhandlungen – und schwups, war Wolf in Cannstatt. Alleine, ohne Familie, die sich jetzt ebenfalls erst einmal neu sortieren muss. Einzig seinen langjährigen Co-Trainer Miguel Moreira (33), einen gebürtigen Dortmunder mit portugiesischen Wurzeln, hat Wolf als Vertrauten mitgebracht. „Ich will so schnell wie möglich hier ankommen. Das geht nur mit ganz viel Arbeit, mit ganz vielen Gesprächen“, sagt Wolf. Und mit ganz viel Tempo.