Papst Franziskus erinnert die Europäer an ihre Grundwerte und spart dabei nicht mit Kritik. Die Politiker sollten die Mahnung des Pontifex ernstnehmen, kommentiert Politikredakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Das ist wahrlich kein Kompliment. Europa gleiche einer unfruchtbaren Großmutter, hält Papst Franziskus den Abgeordneten im Europaparlament entgegen. Ein vergreisender Kontinent scheine sein Selbstbewusstsein und seinen Optimismus verloren zu haben. Natürlich ist diese Kritik an Europa nicht wirklich neu oder originell – doch aus dem Munde des Papstes, der sich an die gewaltige Aufgabe gemacht hat, seine eigene Kirche zumindest in Teilen zu reformieren, entfalten diese Sätze eine große Wucht. Deutlich wird: dieser Papst will die Europäer wach rütteln. Zu lange haben sich die Politiker mit Flickschusterei begnügt und waren zuletzt auf die Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise fixiert. Zahlen und Bilanzen standen im Vordergrund, die Menschen und deren Würde wurden allzu oft aus den Augen verloren

 

Immer wenn es darum geht, Solidarität einzuklagen, findet Papst Franziskus sehr deutliche Worte. Sein erster Besuch als neu gewählter Pontifex führte ihn nach Lampedusa, wo er angesichts des Flüchtlingselends vor Europas Küsten die Globalisierung der Gleichgültigkeit anklagte. Natürlich müssen sich Politiker in ihrem Tun am Machbaren orientieren. Realpolitik heißt allerdings nicht, die Menschlichkeit über Bord zu werfen. Daran hat der Papst die EU-Abgeordneten erinnert.