Voller Saal an der Universutät in Stuttgart-Hohenheim: Die Direktkandidaten für die Stuttgarter Filderbezirke haben über ihre politische Haltung zu aktuellen Themen diskutiert. In wenigen Fragen gab es Einigkeit.

Hohenheim - Ein voller Saal, ein aufmerksames Publikum: Die Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl im Steinbeis-Haus für Management und Technologie in Hohenheim hat bewiesen, dass die Zeiten der Politikverdrossenheit der Vergangenheit angehören. Die drei Gastgeber – der Bürgerverein Plieningen, der Bürger- und Kulturverein Stuttgart-Birkach und der Bürgerverein Schönberg – konnten sich über mangelndes Interesse nicht beklagen. Auf dem Podium saßen neben den Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann (CDU) und Ute Vogt (SPD) Judith Skudelny (FDP), Anna Christmann (Bündnis 90/Die Grünen), Jessica Tatti (Die Linke) und Jürgen Braun (AfD). In Timo Schempp von der Universität Hohenheim hatte die Veranstaltung einen gut vorbereiteten Moderator, der seine kritischen Fragen gleichmäßig an alle Parteivertreter richtete.

 

Frauen möchten Kenntnisse zeigen

„Wirtschaftlich gesehen stehen wir in Deutschland eigentlich gut da“, leitete Timo Schempp den ersten Themenschwerpunkt ein, der sich insbesondere auf Fragen zur Rente, zur Familienförderung und zur Krankenversicherung konzentrierte. Während Ute Vogt das Absinken des Rentenniveaus gestoppt sehen wollte, empfahl Stefan Kaufmann, in dieser Frage nichts übers Knie zu brechen und in einer Kommission nach der besten Lösung zu suchen. Jessica Tatti kritisierte, dass die Arbeitgeber bislang mit niedrigen Rentenbeiträgen beglückt worden seien. Anna Christmann sprach sich dafür aus, das Ehegattensplitting für neu geschlossene Ehen aufzuheben. „Da hängt ein Stück Altersarmut der Frauen dran“, sagte sie. Jürgen Braun sorgte für Unruhe im Publikum, als er sagte, die Kindererziehung fände am besten in der Familie statt. „Frauen, die eine gute Ausbildung absolviert haben, möchten ihre Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt zeigen“, hielt Judith Skudelny dem entgegen.

Ein zweiter Aspekt war die Frage der Inneren Sicherheit, in der die Unterschiede der Parteien deutlich wurden. Die CDU empfiehlt hier, die Bundeswehr im Notfall auch im Inneren einzusetzen. Jürgen Braun sprach von einem „gewissen Rausch“ in der Flüchtlingsfrage und meinte, die „Zuwanderung ins Sozialsystem“ habe zu einem Sicherheitsproblem geführt. Ute Vogt, die in ihrem Schlusswort vehement dafür warb, rechtsradikale Parteien im Bundestag zu verhindern, erklärte, seit dem Entstehen von Pegida habe es Misstrauen, Hass in der Politik gegeben. „Das macht mir Angst“, sagte sie und forderte ein Einwanderungsgesetz, dass nach den Bedürfnissen der Bundesrepublik ausgerichtet sei. Jessica Tatti empfahl, zur Stärkung des Sicherheitsgefühls die Kommunen finanziell mehr zu unterstützen, um beispielsweise Nachtbusse zu finanzieren. Anna Christmann betonte, die Flüchtlingskrise sei nicht die eigentliche Ursache für eine Bedrohung und warnte davor, die Themen Terror, Flüchtlingsfragen und Einwanderungspolitik zu vermischen.

AfD-Vertreter erntete Unmutsbekundungen

Gefragt nach ihrer Einstellung zur EU, waren sich alle Diskussionsteilnehmer bis auf den AfD-Vertreter darin einig, dass zwar Reformbedarf herrsche, mehr Zusammenarbeit in Europa aber notwendig sei. Anna Christmann konstatierte, dass die Zustimmung zur EU gerade wieder ansteige und forderte insbesondere beim Klimaschutz mehr gemeinsame Anstrengungen. Für seine These, der Klimawandel sei nicht menschengemacht, erntete Jürgen Braun zahlreiche Unmutsbekundungen aus dem Zuhörerkreis.

Moderator Timo Schempp beendete den Abend mit der Frage nach möglichen Koalitionen. Nach anfänglichem Zögern erklärte Stefan Kaufmann Schwarz-Gelb zu seiner Wunschkoalition, Schwarz-Grün sei aber auch möglich. Ute Vogt pflichtete ihm bei: „Ich habe keinen Bock mehr auf Große Koalition“, sagte sie.