Die Beamten im Land bekommen 3000 neue Maschinenpistolen und zusätzliche Schutzwesten. Bis die neue Ausrüstung in den Revieren ankommt, wird es aber noch dauern.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Gegen die Kalaschnikows, mit denen Terroristen im Januar und im November vergangenen Jahres insgesamt 142 Menschen in Paris töteten, wären die Schusswesten der Polizisten im Südwesten kein ausreichender Schutz. Auch die bei der Polizei eingesetzten Waffen der Marke Heckler & Koch aus den 70er und 80er Jahren würden den Anforderungen in einem Terroreinsatz nicht genügen. „Die Ausstattung der Polizei reicht nicht aus für einen Einsatz gegen Terroristen mit Kriegswaffen“, sagte der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall am Freitag. Die Anschläge auf das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und jenen in dem Vergnügungsviertel rund um das „Bataclan“ hätten dies gezeigt.

 

„Die Beamten aus den Revieren sind diejenigen, die bei einem Anschlag zuerst am Tatort eintreffen, noch bevor Spezialkräfte dazukommen“, erläuterte Gall. So stünden dann Streifenpolizisten militärisch agierenden Terroristen mit Kriegswaffen und Sprengmitteln gegenüber. Dafür müssten sie besser ausgerüstet sein, obwohl – wie Gall betonte – bereits jetzt die Polizisten in Baden-Württemberg über die bundesweit beste Ausrüstung verfügten.

Neue Schutzausrüstung darf nicht zu viel wiegen

Der Amoklauf von Winnenden am 11. März 2009 habe bereits gezeigt, dass es für die ersten Polizisten am Tatort nicht nur mehr darum gehe, die Lage zu stabilisieren, erläuterte Gall. „Unser Ziel ist es, die Täter möglichst schnell handlungsunfähig zu machen.“ 2011 habe man deshalb die Polizisten zusätzlich zu der klassischen Schussweste mit einem separaten Schulter-, Hals- und Unterleibsschutz und einem Helm für sogenannte Amoklagen ausgestattet. „Schon diese Schutzausstattung wiegt rund zwölf Kilo“, berichtete der Landespolizeipräsident Gerhard Klotter. Darum sei es wichtig, dass die neue Schutzausrüstung nicht zu schwer werde. Es ist vorgesehen, dass die Polizeibeamten in entsprechenden Einsätzen diese über ihre bisherige Schutzausrüstung ziehen.

„Es handelt sich dabei um einen Art Überwurf, der an bestimmten Stellen mit flexiblen Platten ausgestattet ist“, erläuterte Klotter. Dieser Überwurf wird zusätzlich sechs Kilogramm wiegen. Mehr dürfe es auch nicht sein: „Die Beamten können sich sonst kaum mehr bewegen“, sagte Klotter.

Pistolen: stärkerer Durchschlag und elektrische Zielhilfe

Die 3000 neuen Waffen sollen deutlich moderner als die jetzigen Maschinenpistolen sein, die seit rund 35 Jahren verwendet werden. Sie sollen über eine Entfernung von bis zu 50 Metern treffen, versprach Klotter. Die derzeitigen Modelle kämen lediglich auf eine Entfernung von 15 bis 20 Meter. Die neuen Waffen sollen auch einen geringeren Rückstoß haben. Zudem soll die Munition eine stärkere Durchschlagskraft haben, und man will auf eine elektrische Zielhilfe achten. „Bisher müssen die Polizisten beim Schießen ein Auge auf das Objekt richten und das andere zukneifen“, sagte Klotter. Sie könnten dabei ihr Umfeld nicht im Blick behalten.

„Wir gehen jetzt sofort in die europaweite Ausschreibung“, sagte Gall. Das sei rechtlich notwendig, um die neue Ausrüstung zu beschaffen. Bis diese bei den Polizisten ankommt, wird es noch dauern: „Unser ehrgeiziges Ziel ist es, bis Ende 2016 die neuen Materialien in den Revieren zu haben“, sagte Gall. Im Frühjahr 2017 werde es dann spätestens soweit sein – wobei die Schutzpanzer vermutlich vor den Maschinenpistolen eintreffen werden. Die Aufrüstung kostet das Land rund 13 Millionen Euro, die aus dem 30 Millionen Euro umfassenden Anti-Terror-Paket genommen werden. Mit diesem hatte die Landesregierung auf die Anschläge von Paris reagiert.

Kritik kommt von der FDP

Die FDP kritisierte den langen Zeitraum, bis Grün-Rot die Aufrüstung bewirkt habe: „Immerhin liegen die Anschläge auf Charlie Hebdo bereits über ein Jahr zurück“, sagte deren Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Grün-Rot handelte monatelang nicht und dann völlig unzureichend.“ Sein Abgeordneten-Kollege Ulrich Goll ergänzte: „Die Anschaffung von 3000 Maschinenpistolen und Schutzausrüstungen kann kaum als flächendeckend gelten, wo in Baden-Württemberg zirka 24 000 Polizeibeamte ihren Dienst versehen.“