Die Stadtwerke Stuttgart werden die Netze nicht allein halten. Das halten die Bürgerinitiativen für falsch, die sich einen rein kommunalen Energieversorger gewünscht haben. OB Fritz Kuhn (Grüne) dementiert unterdessen, dass bereits eine Vorentscheidung getroffen wurde.

Stuttgart - Die Bürgerinitiativen, die sich für eine kommunale Energiewende in Stuttgart einsetzen, sind überrascht und teilweise verärgert über die Entscheidung, dass der künftige Haupteigentümer – das sollen nach dem Wunsch aller die Stadtwerke werden – bei der Eigentümergesellschaft zunächst nur 50,1 Prozent erhalten soll und ein starker Partner, vielleicht die EnBW, 49,9 Prozent (die StZ berichtete). Bei der Betreibergesellschaft soll der Haupteigentümer sogar zunächst nur 25,1 Prozent bekommen. Den Hauptanteil wird ein Energieversorger mit Knowhow im Betrieb der Netze übernehmen. Wer die Anteilseigener und Betreiber sein werden, entscheidet sich aber erst im Herbst.

 

Kurt Henzler von der „Aktion Stadtwerke“ zeigte sich deshalb verärgert, weil in der Stadt lange der Eindruck erweckt worden sei, die Politik sei einigermaßen auf gleicher Linie mit den Bürgerinitiativen und wolle auch starke Stadtwerke. Inhaltlich hält Henzler das Konzept für falsch. So erhielte in dieser Struktur der Haupteigentümer, also vielleicht die Stadtwerke, womöglich nur ein Viertel der Gewinne, müsste aber die Hälfte des Kaufpreises bezahlen. Auch benötige man das Knowhow eines Netzbetreibers gar nicht: Denn jeder neue Eigentümer habe das Recht, die Beschäftigten des bisherigen Betreibers zu übernehmen.

Vorwurf: parteipolitisches Geklüngel

Michael Fuchs von den Stadtwerken Stuttgart e. V. geht noch weiter: „Sollte der Gemeinderat bei seiner Entscheidung bleiben, kann man schon heute vom Scheitern des Projektes ,Stadtwerke Stuttgart‘ sprechen.“ Stuttgart hätte bei so schwachen Stadtwerken die Chance verspielt, seine energiewirtschaftlichen Rückstände aufzuholen und eine Vorreiterrolle bei der Energiewende im Land zu übernehmen. Das Konzept basiere nur auf parteipolitischem Geklüngel, so Fuchs, denn es sei sachlich nicht begründbar und habe keinen energiewirtschaftlichen Hintergrund.

Die Aktion „100Strom“ hat immer die Linie vertreten, dass die Stadtwerke bei Eigentum und Betrieb 100 Prozent halten müssten. Da ihr entsprechendes Bürgerbegehren abgelehnt worden war, haben die Sprecherin Barbara Kern und ihre Mitstreiter das Verfahren nicht mehr begleitet.

OB Kuhn ungehalten über durchgesickerte Einzelheiten

Unterdessen hat OB Fritz Kuhn (Grüne) ungehalten darauf reagiert, dass Einzelheiten der Beratungsergebnisse im Unterausschuss Konzessionsvergabe an die Öffentlichkeit gelangt waren. Kuhn gab vor dem Gemeinderat eine Erklärung ab und dementierte dabei nachdrücklich, dass eine Vorentscheidung über einen Bewerber oder über eine mögliche Kooperation gefallen sei. „Wer solche Dinge nach draußen durchsticht, der tut dem Verfahren keinen Gefallen“, so der OB. Das Ergebnis des Verfahrens sei nach wie vor absolut offen. Er appellierte an die Stadträte, sich an die vereinbarte Vertraulichkeit zu halten: „Das ist zum Wohl der Stadt.“