Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft sieht keine Veranlassung, wegen des EnBW-Deals gegen Ex-Ministerpräsident Mappus zu ermitteln.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart -Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat es erneut abgelehnt, Ermittlungen wegen des EnBW-Deals von Exministerpräsident Stefan Mappus (CDU) aufzunehmen. Dies teilte die Behörde jetzt einem Rechtsanwalt aus Hannover mit, der nach der früheren Entscheidung gegen ein Verfahren erneut Strafanzeige erstattet hatte. Nach der Verfügung sieht sie weiterhin keine Ansatzpunkte für den Verdacht der Untreue oder eines anderen strafbaren Verhaltens im Zusammenhang mit dem Milliardengeschäft, bei dem das Land 45 Prozent der EnBW-Aktien erworben hatte.

 

Bereits vor der Landtagswahl am 27.März hatte die Staatsanwaltschaft vier Anzeigen von Bürgern - darunter die eines bekannten Stuttgarter Wirtschaftsanwaltes - als unbegründet verworfen. Sie richteten sich gegen Mappus und den früheren Finanzminister Willi Stächele (CDU), der den Landtag unter Berufung auf eine Notbewillligungsklausel ausgeschaltet hatte. Die neue Entscheidung, keine Ermittlungen aufzunehmen, wird in weiten Teilen deckungsgleich begründet.

Keine Anhaltspunkte

Untreue liege nur dann vor, wenn der Vertragsschluss pflichtwidrig erfolgt sei, erläutert die zuständige Staatsanwältin Alexandra Neidhard. Es fehle jedoch an ausreichend konkreten Tatsachen, um den Aktienkauf als "treuwidriges Risikogeschäft" zu bewerten. Weder aus dem hohen Volumen des Vertrages noch aus der Kurzfristigkeit des Abschlusses könne auf wirtschaftlich unvertretbare Risiken oder eine zweifelhafte Gewinnaussicht geschlossen werden. Auch die "nicht völlige Unmöglichkeit von späteren Verlusten" deute nicht darauf hin, dass die Regeln der kaufmännischen Sorgfalt verletzt worden seien.

Anhaltspunkte für unbeherrschbare oder existenzbedrohende Risiken gebe es nicht, legt die Staatsanwältin dar. An dieser Einschätzung ändere sich auch nichts "angesichts der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbaren Entwicklung im Zusammenhang mit der veränderten Atompolitik nach den Ereignissen in Japan". Die erste Entscheidung, keine Ermittlungen einzuleiten, war noch vor der Katastrophe von Fukushima gefallen.

Insgesamt fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass Stefan Mappus "die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Vermögensverlustes gebilligt" habe, schreibt Neidhard. Aus der persönlichen Beziehung zwischen ihm und dem deutschen Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis, der das Geschäft eingefädelt hatte, ergebe sich ebenfalls kein Verdacht auf Untreue. Auch ein möglicher Verstoß gegen die Landesverfassung oder das Haushaltsrecht begründe keine Strafbarkeit. Diese Fragen seien beim Staatsgerichtshof zu klären, wo sie nach einer Klage von SPD und Grünen anhängig sind.

Widerspruch des Erstatters

Der Anzeigeerstatter, Rechtsanwalt Siegfried Frohner aus Hannover, wertete die Auffassung der Staatsanwaltschaft als "fehlerhaft". Es verstoße gegen das Legalitätsprinzip der Strafprozessordnung, das Vorliegen eines Anfangsverdachts "nur am Vorbringen in einer Strafanzeige festzumachen". Die Staatsanwaltschaft sei vielmehr verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen umfassend zu ermitteln. Er halte es für ausgeschlossen, dass dies in der relativ kurzen Zeit geschehen sei, sagte Frohner der StZ. Er widersprach der Einschätzung, für einen Verstoß gegen Landesverfassung oder Haushaltsrecht sei allein die Verfassungsgerichtsbarkeit zuständig. "Eine sich daraus ergebende Pflichtwidrigkeit ist und bleibt auch strafrechtlich bedeutsam."

Erst vor wenigen Tagen hatte die Staatsanwaltschaft Ravensburg entschieden, wegen des EnBW-Deals keine Ermittlungen gegen den Ravensburger Landrat Kurt Widmaier (CDU) aufzunehmen. Als Chef des EnBW-Großaktionärs Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) war er ebenfalls wegen Untreue angezeigt worden. Die Ermittler werteten es als unternehmerische Entscheidung ohne strafrechtliche Relevanz, dass Widmaier das Milliardengeschäft durch den Verzicht auf ein Vorkaufsrecht gegenüber der Electricité de France (EdF)sowie auf den späteren Verkauf von Aktien ermöglicht hat.