Wer in Stuttgart mit dem Auto unterwegs ist, braucht oft ziemlich viel Geduld. Das belegt eine neue Statistik, die die Verkehrsbelastung in zehn deutschen Großstädten unter die Lupe genommen hat. Die Landeshauptstadt landet dabei auf einem unrühmlichen ersten Platz.

Stuttgart - Wer in Stuttgart mit dem Auto unterwegs ist, braucht viel Zeit und ziemlich starke Nerven. Das zeigt auch eine neue Statistik des Navigationsgeräteherstellers TomTom, die die Verkehrsbelastung in zehn deutschen Großstädten unter die Lupe genommen hat. Stuttgart landet dabei auf einem unrühmlichen ersten Platz. Im Schnitt dauert eine Autofahrt durch die Landeshauptstadt aufgrund des Verkehrs 33 Prozent länger als es bei unverstopften Straßen der Fall wäre. Auf Rang zwei und drei der Stau-Hitliste folgen Hamburg mit 32 Prozent und Berlin mit 27 Prozent.

 

Besonders schlimm trifft es die Stuttgarter Pendler. Im morgendlichen Berufsverkehr müssen sie 61 Prozent mehr Zeit einplanen, abends gar 70 Prozent. „Diese Zahlen sind Durchschnittswerte für das gesamte Stuttgarter Straßennetz“, erklärt Tom Henkel, TomTom-Sprecher. Natürlich gebe es „Hotspots“, also Stauschwerpunkte, und auch Straßen, in denen der Verkehr reibungsloser fließe.

1.748.328 gefahrene Kilometer

Für die Studie hat TomTom die Fahrten der Nutzer ihrer Navigationsgeräte ausgewertet. „Wenn die Anwender einwilligen, bekommen wir Daten über Fahrstrecke und Fahrdauer anonymisiert zugeschickt“, erklärt Henkel. Auf diese Weise kamen im Untersuchungszeitraum – April bis Juni 2012 – 1.748.328 Kilometer zusammen, die im in und um Stuttgart gelegenen Straßennetz gefahren wurden. Dieses umfasst in der TomTom-Erhebung 761 Kilometer, davon entfallen 151 Kilometer auf die Autobahnen A8 und A81 sowie 610 Kilometer auf Bundesstraßen, Landstraßen, Kreisstraßen und andere innerstädtische Straßen. Der verkehrstechnisch verheerendste Tag im Untersuchungszeitraum war übrigens Mittwoch, 16. Mai – ein Tag vor Christi Himmelfahrt.

Die Gründe für die prekäre Verkehrssituation Stuttgarts sind vielfältig. Die Autobahnen spielen dabei eine nicht unwichtige Rolle. Nicht umsonst sind die A8 und die A81 die mit am höchsten belasteten Autobahnen der Bundesrepublik. „Wir liegen hier in einem Zentrum der Transitverkehre“, erklärt Thomas Bucher von der Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg.

Doch auch wer in der Stadt unterwegs ist, hat oft mit langen Autoschlangen zu kämpfen. Stichwort Talkessel. „Einerseits ist natürlich die geografische Lage problematisch“, sagt Reimund Elbe vom ADAC in Stuttgart. „Hätten wir eine völlig flache Topografie mit einer sehr in die Breite ausgedehnten Stadt, wäre das Verkehrsproblem sicher nicht ganz so schlimm wie bei dieser gedrängten Innenstadt.“

Rosensteintunnel und Nordostumfahrung

Doch es gebe auch Staufallen in Stuttgart, die trotz Kessellage behoben werden könnten, sagt er, und nennt das Thema Nord-Ost-Umfahrung. „Dort gibt es einfach keine attraktive Route.“ Deshalb wälze sich der ganze Verkehr durch die Innenstadt. Und auch der umstrittene Rosensteintunnel sei ein Muss, um den stauträchtigen Abschnitt von der Wilhelma zum Pragsattel zu entlasten. „Es wäre verheerend, wenn der Tunnel nicht kommen würde“, erklärt Elbe.

Zusätzlich zu diesen großen Maßnahmen könnten ihm zufolge auch kleinere Projekte die Verkehrssituation schon beträchtlich entschärfen. „In der Innenstadt gibt es zum Beispiel viel „Parkplatzsuch-Verkehr“. Deshalb muss ein modernes Parkleitsystem her.“ Auch Ampeln durch Kreisverkehre zu ersetzen würde sich positiv auf den Verkehrsfluss auswirken. „Ein Kreisel reguliert die Geschwindigkeit der Autos auf natürliche Weise und verteilt sie auf die Straßen“, erklärt der ADAC-Sprecher. Ampeln könnten das mit ihren starren Rot- und Grünphasen nicht leisten.

Bei aller Kritik am Verkehrskonzept der Stadt findet Elbe auch lobende Worte. „Die Stadt hat in das neue Verkehrsinformationssystem viel Geld gesteckt“, sagt er. Mithilfe dieser Anzeigetafeln könnten Autofahrer schon am Stadtrand etwa auf die Parksituation bei Großveranstaltungen aufmerksam gemacht werden und dann auf den ÖPNV umsteigen. „Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“