Der Atomausstieg macht’s möglich: Die CDU setzt jetzt auf erneuerbare Energien. Die Windkraft spielt dabei eine wichtige Rolle.  

Stuttgart - Wer aussteigt aus der Atomenergie, muss einsteigen in den Ausbau der erneuerbaren Energien." Diese Erkenntnis ist nun auch bei der CDU-Landtagsfraktion angekommen. Fraktionschef Peter Hauk und der energiepolitische Sprecher Paul Nemeth haben am Donnerstag vor der Presse die neuen Leitlinien vorgestellt, mit der die Union die Energiewende meistern will.

 

Bis zum Jahr 2020 sollen Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse einen Anteil von 35 Prozent an der Bruttostromerzeugung im Land erreichen. Im bisherigen Energiekonzept der alten CDU/FDP-Regierung lag das Ziel lediglich bei 20 Prozent. Heute sind es rund 17 Prozent.

Dieser forcierte Ausbau ist ohne die Windkraft nicht zu leisten. Auch dieser Erkenntnis haben sich die Christdemokraten gebeugt. In den acht Jahren bis 2020 sollen 600 neue Windräder im Land gebaut werden, erklärte Fraktionschef Peter Hauk. Dies habe die Fraktion einstimmig und mit nur einer Gegenstimme beschlossen, sagte Paul Nemeth. "Wir haben damit die teilweise lähmende und ätzende Diskussion um die Windkraft beendet", erklärte der Energieexperte.

"Wie Vegetarier, die eine Wurstfabrik geerbt haben"

Insgesamt soll die Windkraft bis 2020 einen Anteil von zehn Prozent im Energiemix erreichen, ein Ziel, das auch der grüne Umweltminister Franz Untersteller anstrebt. "Grün-Rot hat zwar große Ziele, aber hier herrscht absoluter Stillstand", ätzte Peter Hauk und monierte die Verzögerung bei der Novelle zum Landesplanungsgesetz, mit der der Bau von Windrädern neu geregelt werden soll. Allerdings will die Union nur fünf Prozent der Windkraft im Land selbst erzeugen, fünf Prozent sollen aus den Windparks an Nord- und Ostsee importiert werden. Gerade im Offshorebereich sei der Energiekonzern EnBW führend in Europa. Die Regierung habe bisher die Chance nicht erkannt, mit der EnBW die Energiewende zu organisieren, sagte Paul Nemeth. Und: "Herr Untersteller und Ministerpräsident Kretschmann verhalten sich wie Vegetarier, die eine Wurstfabrik geerbt haben."

Fraktionschef Hauk erklärte: "Wer Strom erzeugt, muss ihn auch transportieren und speichern." Deshalb setze die CDU in ihren Leitlinien auch auf den Ausbau der Transportnetze von Nord nach Süd, zudem sollen die Verteilnetze im Land ausgebaut werden. Allerdings, darauf machte Nemeth aufmerksam, müssten dabei auch europaweite Lösungen gedacht werden.

Hauk geht aufgrund der ständig schwankenden Leistung von Sonne und Wind von einer nötigen Speicherkapazität von vier Gigawatt aus. Außer den Pumpspeicherwerken Atdorf und Forbach müssten weitere gebaut werden. Auch hier sei die Haltung der Grünen gespalten: "Im Prinzip dafür, aber vor Ort dagegen", sagte Hauk.

Nachholbedarf ist CDU zuzuschreiben

Eine zentrale Rolle nimmt im CDU-Konzept das Energiesparen ein. "Der Strom ist der beste, den wir erst gar nicht erzeugen müssen", sagte Hauk. Bis 2020 soll der Verbrauch um zehn Prozent gesenkt werden. Nur mit diesem Sparanteil und dem Ausbau der erneuerbaren Energien auf 35 Prozent könne der Wegfall der Atomkraft, die bis jetzt knapp die Hälfe des Stroms liefert, bis 2022 ausgeglichen werden. Die Sanierung von Altbauten, auch von Landesgebäuden, müsse vorangetrieben werden.

Dass die Regierung trotz Steuermehreinnahmen von zwei Milliarden Euro kaum Geld in die Energiewende stecke, obwohl das der erklärte Schwerpunkt von Grün-Rot sei, kritisierte Hauk scharf: "Nur schlappe zehn Millionen Euro stehen im Haushaltsplan neu drin." Gerade einmal 20 Millionen Euro gebe Grün-Rot damit für die Energiewende aus. Tatsächlich hält die CDU 35 Millionen Euro in diesem Jahr für notwendig, in den kommenden Jahren jedoch müssten für Anreizprogramme 50 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Der Umweltminister Franz Untersteller wertet die CDU-Leitlinien als "gutes Signal" für eine konstruktive Zusammenarbeit. Dass der Nachholbedarf beim Umbau des Energiesystems, insbesondere bei der Windkraft, so groß ist, sei maßgeblich der bisherigen CDU-Politik zuzuschreiben. Der frühere Koalitionspartner FDP begrüßte, dass "die CDU das Bremserhäuschen verlässt". Energieexperte Andreas Glück forderte einen zügigen Ausbau der Windkraft und der Netze. Für die SPD hingegen ist das Energiekonzept "mutlos und halbherzig", sagte Johannes Stober. Dennoch forderte auch er die Union zur konstruktiven Zusammenarbeit auf.

Energiesparen ist das oberste Ziel im CDU-Konzept

Windkraft Die CDU-Landtagsfraktion will mit ihrem Energiekonzept den Ausbau von Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft auf 35 Prozent bis 2020 steigern. Zehn Prozent Windkraft sollen je zur Hälfte im Land (mit 600 Rotoren) und zur Hälfte aus den Offshore-Parks an Nord- und Ostsee kommen.

Effizienz Förderprogramme zum Energiesparen wie „Klimaschutz plus“ oder „Zukunft Altbau“ sollen ebenso aufgestockt werden wie die Finanzierung der regionalen Energieagenturen. Der Anteil der erneuerbaren Energien beim Heizen und Warmwassererzeugen solle gesteigert werden. Ein weiteres Ziel müsse sein, jährlich zwei Prozent der Altbauten zu dämmen.

Übergang Bis Sommer soll ein Investitionsprogramm für Gaskraftwerke und Wärmenetze erstellt werden. Diese sind aufgrund der Schwankungen von Windkraft- und Fotovoltaikanlagen notwendig für die Versorgungssicherheit.