Der Lenkungskreis von Stuttgart 21 kommt am Freitag im Stuttgarter Rathaus zusammen – ob die Stimmung diesmal besser ist als beim letzten Treffen im Juli, ist fraglich. Es gibt genügend Streitpunkte rund um Finanzen, Zeitplan und Brandschutz beim Bahnprojekt.

Stuttgart - Wenn sich die Vertreter von Bahn, Land, Stadt und Region im Lenkungskreis für Stuttgart 21 treffen, dann verspricht das spannende Stunden. Die jüngste Sitzung Mitte Juli – im übrigen die erste, nachdem der Bahn-Aufsichtsrat die Kostenexplosion um mehr als zwei Milliarden Euro auf mindestens 6,5 Milliarden Euro durchgewinkt hatte – verlief so kontrovers, dass auf der folgenden Pressekonferenz der Bahn-Vorstand Volker Kefer auf der einen Seite und Verkehrsminister Winfried Hermann und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) ihren Unmut offen auslebten. Am Freitag verhandeln sie wieder und treffen sich erstmals in dieser Zusammensetzung im nun grün regierten Rathaus – ob die Stimmung dann besser wird, ist fraglich.

 

Laut dem S-21-Kommunikationsbüro wird Kefer über den Status bei Planung und Bau berichten. Weitere Themen sind die Kosten und der Brandschutz. Über den auf knapp sechs Milliarden Euro gestiegenen Gesamtwertumfang (das ist die Kostenprognose samt bekannten Risiken aus heutiger Sicht) und den auf 6,526 Milliarden Euro angehobenen Kostenrahmen, in dem ein noch nicht verbrauchter Risikopuffer von 539 Millionen Euro enthalten ist, wurde zwar im Juli gesprochen. Detaillierte Informationen dazu gab es aber nicht – zumal die Bahn zusätzliche 300 Millionen Euro auf die Projektpartner abwälzen will.

Vorbereitende Gespräche werden unterschiedlich bewertet

Deshalb einigte man sich damals darauf, dass in einer internen Arbeitsgruppe des Arbeitskreises Baden-Württemberg, in dem die Lenkungskreissitzungen vorbereitet werden, die aktuellen Zahlen von der Bahn detailliert dargestellt werden. Dies ist im September, Oktober und November geschehen. „Auf der Arbeitsebene haben Gespräche zur Erhöhung des Gesamtwertumfangs stattgefunden“, bestätigt der Projektsprecher Wolfgang Dietrich, „das Land und seine Partner waren mit dem durchgeführten Prozess und den zur Verfügung gestellten Unterlagen zufrieden und haben die Prüfung abgeschlossen. Eine Beschlussfassung zu dem Thema im Lenkungskreis ist vorgesehen“, erklärte er.

Dieser Einschätzung des Projektsprechers mag man im Verkehrsministerium zwar nicht direkt widersprechen, die Bewertung fällt aber zurückhaltender aus. Zwar werden die intensiven Gespräche bestätigt, davon, dass alle Fragen geklärt seien, könne aber keine Rede sein, sagte ein Sprecher. Man erwarte vom Bahn-Vorstand Kefer am Freitag eine „transparente Darstellung der Kostensteigerungen“. Bisher habe es dazu in dem Gremium nur allgemeine Erklärungen gegeben. Offen lässt der Sprecher auch, ob es – wie von der Bahn gewünscht – zu einem gemeinsamen Beschluss der Projektpartner über den neuen Gesamtwertumfang (GUW) kommt.

Zur Erinnerung: die von der Bahn 2011 verkündete vorletzte Erhöhung des GUW um einige hundert Millionen auf 4,33 Milliarden Euro war vom Projektpartner Land nicht akzeptiert worden. Eine Einigung über die Kostensteigerung und deren Ursachen ist auch im Zusammenhang mit der Sprechklausel im Finanzierungsvertrag von Bedeutung. Dieses Instrument soll dann in Kraft treten, wenn die Ausgaben auf mehr als 4,5 Milliarden Euro steigen – eine Summe, die von der Bahn lange und auch noch vor der Volksabstimmung als Obergrenze angegeben worden war, ehe Kefer vor einem Jahr die Kostenexplosion kundtat. Die Sprechklausel besagt, dass die Projektpartner über Kostenerhöhungen beraten. Laut Bahn legt dies eine Nachschusspflicht des Landes zu den Mehrkosten nahe, was vom Land bestritten wird. Darüber werden Gerichte entscheiden müssen – eine Aussicht, die die Debatte um Mehrkosten und ihre Ursachen belastet.

Sprechklausel dürfte ein Fall für die Gerichte werden

Konfliktstoff bietet auch das Thema Brandschutz im Tiefbahnhof. Hier fordert die Stuttgarter Feuerwehr Nachbesserungen, während die Bahn notfalls auch ohne das Plazet der Stadt die Genehmigung beim Eisenbahnbundesamt beantragen will.

Genug Streitpunkte also, die für eine angespannte Stimmung sorgen können.