Fraktionschefin Deparnay-Grunenberg wirft ihren Parteifreunden an der Rathausspitze Versagen vor. Sie sei das Abnicken leid, sagt die Grünen-Politikerin.

Stuttgart - Für Fritz Kuhn ist es selbstverständlich, dass sich seine grüne Hausmacht im Gemeinderat kritiklos für die oberbürgermeisterlichen Ideen begeistert und deren Umsetzung organisiert. Die Fraktion hat an so mancher Eingebung etwas auszusetzen, verzichtet darauf aber aus Parteiräson. So musste sich in den Etatberatungen 2015 die 14-köpfige Gruppe bei den Absprachen mit der CDU extrem verbiegen, um eine Mehrheit für Kuhns mit Extravaganzen dekorierte Wunschliste zu organisieren.

 

Es muss also einiges zusammenkommen, dass der ansonsten harmoniebedürftigen Fraktionschefin Anna Deparnay-Grunenberg der Kragen platzt, dass sie betont, wie sehr sie des Abnickens leid und wie bitter enttäuscht sie sei, dass nicht einmal mit einem grünen Oberbürgermeister und einem grünen Baubürgermeister Peter Pätzold ernsthaft Verkehrswende und Senkung der CO2-Werte betrieben würden.

Drei- und vierstreifiger Ausbau vorgeschlagen

Anlass für die Erregung ist das Verkehrskonzept für Vaihingen und den Synergiepark, der in den nächsten Jahren wegen Daimler und Allianz um etwa 18 000 Arbeitsplätze wachsen wird. Der Entwurf sei tendenziös, klagte Deparnay-Grunenberg am Dienstag im Technikausschuss. Die Verkehrsplaner hätten die zwei umfangreichsten Ausbauvarianten für die erschließende Nord-Süd-Straße bereits mit einer Empfehlung versehen. Dass das Auto weiter Vorrang genieße, sei aber schon deshalb unsinnig, weil ein P + R-Parkhaus am Möhringer Freibad viele Autos von Vaihingen fernhalten werde. Die Priorisierung sei zudem unerwünscht, weil sie die Nahverkehrsprojekte blockiere, etwa Ideen zur Intensivierung des Busverkehrs. Nachteilig sei das erweiterte Angebot aber auch für die Seilbahn, einen Ringschluss der SSB ins Industriegebiet und für Verhandlungen mit den ansässigen Firmen über flexible Arbeitszeiten und Mobilitätskonzepte.

CDU lobt Grünen-Spitze

Bestätigt durfte sich die Grünen-Chefin fühlen, weil mit Jürgen Sauer ein CDU-Stadtrat die grüne Verwaltungsspitze zur Einsicht beglückwünschte, es brauche mehr Fahrstreifen und den Ausbau von Kreuzungen. Deparnay-Grunenberg kommt aus Vaihingen. Es fiel ihr schwer, die Ansiedlung der großen Unternehmen gut zu heißen und aus wirtschaftspolitischen Gründen einem Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie zuzustimmen.

Sie steht bei den Bürgern im Wort, Zu- und Abstrom der Beschäftigten verträglich zu organisieren und einen Mehrwert für den Bezirk zu schaffen. Nun werden aber die Vorschläge für mehr Straßenverkehr im Konzeptentwurf empfohlen, während jene für den ÖPNV häufig mit einem Fragezeichen versehen sind. In einem Antrag, für den sie am Montag die SPD und am Dienstag die übrigen Fraktionen gewinnen konnte, wird der Verwaltung nun Dampf gemacht. Sie muss alle Varianten der Nord-Süd-Straße darstellen, inklusive Zeitplänen und Kosten (auch für das Parkhaus).

Pätzold verstand die Aufregung nicht. Er will für zwei Millionen Euro eine intensive Prüfung aller Vorschläge vornehmen. Einen Vorteil für die Nord-Süd-Straße erkennt er nicht: Die Nullvariante, also der heutige Zustand, werde noch lange Bestand haben. Für den Ausbau der Straße bedürfe es auf jeden Fall eines langwierigen Planfeststellungsverfahrens.