Der VfB Stuttgart hat noch an sechs Spieltagen die Gelegenheit, wichtige Punkte im Abstiegskampf zu sammeln. Doch derzeit lässt das Team die mentale Stärke vermissen – und der Abstieg in die zweite Liga rückt immer näher.

Stuttgart - In der Stunde der Not haben die Spieler das getan, was man im Abstiegskampf tun muss: aufopferungsvoll kämpfen. Am Ende jedoch stand gegen Dortmund wieder das falsche Ergebnis für den VfB. „Und das ist das Einzige, was zählt“, sagte der Abwehrspieler Daniel Schwaab. So müssen sich die Stuttgarter neuen Mut zusprechen – was wenig daran ändert, dass der Abstieg unaufhaltsam näher rückt.

 

Das falsche Timing

Der VfB macht es einem ganz schön schwer. In einer der wichtigsten englischen Wochen der Vereinsgeschichte lieferte er innerhalb von wenigen Tagen zwei Spiele ab, die nicht zueinanderpassen wollen. In Nürnberg spielten die Stuttgarter schlecht – und unterlagen. Gegen Dortmund spielten sie gut – und unterlagen auch.

Der VfB kann also beides. Was er nicht kann, ist das richtige Timing für seine starken Auftritte zu finden. Denn hätte die Mannschaft im Kellerduell in Nürnberg so gekämpft wie jetzt gegen den Champions-League-Viertelfinalisten aus Dortmund, dann hätte es wohl zum Sieg gereicht. So aber bleibt nur der Trost, die beiden besten deutschen Teams jeweils an den Rand einer Niederlage gebracht zu haben.

Die Tabelle lässt sich nicht beschönigen

Doch der Blick auf die Begegnung mit dem FC Bayern Ende Ende Januar zeigt auch, dass in einer solchen Partie eine große Gefahr steckt. Der VfB verlor in letzter Sekunde mit 1:2, redete sich aber gerade deshalb zu lange ein, besser zu sein, als es die anschließenden Resultate und die spielerische Realität gegen die vermeintlichen Gegner auf Augenhöhe aussagten. Doch die Tabelle lügt schon lange nicht mehr.

Die schwächelnden Anführer

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Erklärte Georg Niedermeier. Der VfB-Verteidiger sagte auch: „Als Reporter oder Trainer hätte ich die Hände auch weggelassen.“ Als Spieler hat er sie in seiner Verzweiflung aber zur Hilfe genommen, um Robert Lewandowski noch am Torschuss zu hindern. Herausgekommen ist nach dieser Aktion im Strafraum jedoch ein Elfmeter, den Marco Reus zum 2:2 nutzte, und eine Rote Karte für Niedermeier, die das Spiel gegen den BVB vollends zum Kippen brachte.

Zu Gunsten des Sünders sei angemerkt, dass seine Mitspieler Niedermeier in die missliche Lage brachten, plötzlich allein gegen den Weltklassemann Lewandowski verteidigen zu müssen. Nun fehlt Niedermeier gegen den SC Freiburg, was zu dem Punkt führt, dass der VfB immer wieder auf gestandene Profis verzichten muss, wenn er sie braucht.

Stürmer aus dem Rhythmus

Das war schon im Fall Vedad Ibisevic so, der nach einer Tätlichkeit für fünf Spiele gesperrt wurde. Nun wirkt der Stürmer zwar wieder mit, aber er ist völlig aus dem Tritt geraten. Von den erhofften Toren im Abstiegskampf ist der Bosnier deshalb weit weg. Ibisevic verkörpert somit einen der sogenannten Stuttgarter Führungsspieler. Ihm wird Qualität bescheinigt, aber wenn es darauf ankommt, weist er sie nicht nach.

Die alten Probleme

Wahrscheinlich muss sich Gotoku Sakai darüber freuen, dass Huub Stevens in ihm überhaupt noch einen Verteidiger sieht. Das hat der VfB-Trainer zumindest erklärt – und den Japaner deshalb nach dem Platzverweis für Niedermeier aufs Feld geschickt. Stevens hat aber ebenfalls gesagt: „Oder haben sie mir einen anderen?“ Eine Antwort hat er nicht abgewartet. Weil es ja auch gar keine gibt. Es gibt aber einige Beobachter, die meinen, dass Sakais Zweikampfverhalten nicht immer dem eines Bundesligaverteidigers entspricht. Allerdings ist der 23-Jährige nur einer von mehreren Spielern, die öfter patzen. Im Grunde ist die VfB-Defensive dadurch geprägt, dass nur ihr labiler Zustand stabil ist.

So haben die Stuttgarter gegen den BVB in dieser Saison zum elften Mal eine Führung verspielt. „Es gibt eine Statistik, die besagt, dass wir 28 Punkte nach Führungen verloren haben. Das gab es wohl noch nie“, sagte Manager Fredi Bobic. Dabei offenbart sich ein weiteres Muster: Die entscheidenden Gegentore kassiert der VfB ständig in der Schlussphase. Reus erzielte das 3:2 in der 82. Minute. Abgezeichnet hatte sich das bittere Ende aber schon vorher.