Fünf Tage vor der S21-Volksabstimmung werfen Weltkonzerne wie Daimler und Bosch noch einmal ihr ganzes Gewicht in die Waagschale der Befürworter.    

Stuttgart - Wenige Tage vor der Volksabstimmung hat sich die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) am Mittwochnachmittag noch einmal reichlich Prominenz ins Haus geladen, um für das Bahnprojekt Stuttgart 21 zu werben und die Bürger im Land auf den kommenden Sonntag einzuschwören. Die versammelten Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführer und Inhaber von führenden Unternehmen im Land, insgesamt acht an der Zahl, waren sich dabei einig: sein Votum am Sonntag abzugeben ist oberste Bürgerpflicht - das Kreuz bei Nein zu machen, sich also für Stuttgart 21 zu entscheiden, von entscheidender Bedeutung für das ganze Land.

 

So betonte etwa der Daimler-Chef Dieter Zetsche, Stuttgart 21 sei dringend notwendig, "wenn Baden-Württemberg bleiben soll, was es ist: eine der zukunftsträchtigsten Regionen in Europa". Zetsche mahnte: "Stillstand bedeutet Rückschritt". Der Baulärm sei der "Soundtrack des Aufschwungs", erklärte der Daimler-Chef und warnte: "Bei einem Ausstieg bleibt das Land auf immensen Kosten sitzen. Nur bei der Umsetzung wird der Nutzen den Aufwand übersteigen." Im Blick auf die Geschichte des eigenen Unternehmens sagt er, hätten sich vor 125 Jahren die "Bedenkenträger" durchgesetzt und das Automobil verhindert, "würde heute weit mehr fehlen als nur eine Alternative zum Pferd".

Auch Hans-Peter Stihl, Beiratsvorsitzender der Stihl Holding, misst dem Infrastrukturprojekt eine "enorme Bedeutung für die Zukunft des Landes" bei. Dessen Motor sei die Wirtschaft in der Region Stuttgart. Die Anbindung an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz sei zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts im Binnenmarkt absolut notwendig. "Nicht zu bauen wäre ein unverbesserlicher Schildbürgerstreich", so Stihl. Er fordere die Unternehmen im Land auf, in den nächsten Tagen verstärkt für Stuttgart 21 Stimmung zu machen.

Auch Mittelständler wie WMF machen sich stark

Das haben viele Betriebe in den vergangenen Tagen und Wochen bereits gemacht, so etwa auch der Haushaltswarenhersteller WMF aus Geislingen an der Steige, die Automobilzulieferer Bosch, Mahle oder ZF Friedrichshafen, dessen Vorstandsvorsitzender am Mittwoch ebenfalls die Werbetrommel rührte. Er habe sich klar positioniert und die Haltung sei den Mitarbeitern des Unternehmens hinlänglich bekannt, betonte Hans-Georg Härter. Die überwältigende Mehrheit im Bodenseekreis sei pro Stuttgart 21. Die Region liege seit Jahrzehnten im Verkehrsschatten, die Anbindung per Schiene sei daher besonders wichtig.

So offensiv vertritt auch Wolfgang Malchow, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, seine Position im Unternehmen. "Auch Bosch hat ein erhebliches Interesse an einem Ausbau der Infrastruktur. Das ist ein entscheidender Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts und die Basis für eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen", so Malchow. Angesichts der Schnelligkeit, in der sich andere Länder dieser Welt veränderten, hänge die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft auch davon ab, "wie wir auf Wandel reagieren und ihn gestalten".

Die meisten der Unternehmer, die häufig auf der ganzen Welt unterwegs sind, werden auf ihren Reisen auf die "Stuttgarter Verhältnisse" angesprochen, dies ist auch die Erfahrung von Hans-Peter Stihl. "Die krawallartigen Zustände haben unser Image im Ausland erheblich geschädigt." Ausländische Investoren überlegten es sich dreimal, ob ihr Geld an diesem Standort gut aufgehoben sei. Reaktionen dieser Art kennt auch der WMF-Vorstandsvorsitzende Thorsten Klapproth, der jüngst in Asien unterwegs war: "Die Menschen können kaum nachvollziehen, warum abgeschlossene Verträge offenbar nichts mehr zählen." Zur Entwicklung und zum Erhalt einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft benötige man zwingend eine zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur.