Kritiker haben den EnBW-Deal des baden-württembergischen Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus schon früh für fragwürdig gehalten. Das Gutachten für die Justiz bestätigt nun ihre Bedenken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Franz Untersteller (Grüne) zeigt sich wenig überrascht. Fast 780 Millionen Euro zu viel solle Stefan Mappus für die EnBW gezahlt haben? Das liege nahe bei jenen 800 Millionen Euro, die er als Zeuge im Untersuchungsausschuss genannt habe, erinnert der Umweltminister. Nicht erst jetzt, sondern schon viel früher sei ihm klar gewesen, wie überteuert Mappus die Aktien erworben habe. Alles auf die Folgen des Reaktorunglücks von Fukushima zu schieben, wie es die CDU tue, greife zu kurz: Schon vor der Katastrophe in Japan hätten sich die Aussichten für die Atomkonzerne deutlich verdüstert – etwa durch die Belastungen durch die Brennelementesteuer.

 

Wirtschaftlicher „Wahnsinn“

Ähnlich kritisch wie der Grüne hatte einst ein CDU-Abgeordneter den EnBW-Deal beurteilt. Wirtschaftlicher „Wahnsinn“ sei es, was Mappus da mit seinem Freund Dirk Notheis ausgeheckt habe, bekundete er hinter vorgehaltener Hand – ebenfalls lange vor Fukushima. Anders als Untersteller behielt er das Urteil aber für sich. Mehr noch: nach außen vertrat er den Coup seines Ministerpräsidenten als famoses Geschäft. Es waren schließlich Wahlkampfzeiten, da verbot sich Kritik am eigenen Spitzenmann von selbst.

Vieles hatte die – offenen und heimlichen – Kritiker am Preis von 4,67 Milliarden Euro irritiert, den Mappus für gut 45 Prozent der EnBW-Aktien zahlte, aber eines ganz besonders: der sogenannte Paketaufschlag. Zwischen 15 und 18 Prozent über dem aktuellen Aktienkurs – je nach Berechnung – hatte der Ministerpräsident den Franzosen geboten. Ein solcher Aufschlag ist durchaus üblich, wenn größere Anteilspakete den Besitzer wechseln; sie bieten schließlich mehr Einfluss als einzelne Papiere.

Schlechte energiepolitische Rahmenbedingungen

Doch nicht nur der Landesrechnungshof hegte Zweifel, ob eine solche „Kontrollprämie“ in diesem Fall angebracht gewesen sei. Der Topmanager und heutige Chef von Südwestmetall, Stefan Wolf, hätte sogar einen Abschlag zu erzielen versucht: An der Börse hätten die Franzosen die Aktien nur peu à peu loswerden können, weil der Kurs beim Verkauf auf einen Schlag „komplett zusammengebrochen“ wäre, erläuterte der CDU-Mann Wolf zum Ärger von Parteifreunden. Den konzernintern umstrittenen Verkauf hatte der Chef der Électricité de France, Henri Proglio, übrigens auch mit den verschlechterten energiepolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland begründet.

Vom Paketzuschlag ist in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft zwar nicht die Rede, aber der Betrag, der nach Ansicht des Gutachters zu viel bezahlt wurde, entspricht ziemlich genau der Dreingabe auf den Tageskurs. Prompt monierten Mappus’ Anwälte, der Experte habe übersehen, „dass ein Paketzuschlag anzusetzen wäre“. Etwas anders argumentierte der vom Investmentbanker Dirk Notheis ins Feld geführte Sachverständige: Schon ohne Paketzuschlag wäre der Kaufpreis angemessen gewesen – und mit erst recht.