Sein Bruder Henri ist Chef der EdF. Doch beim EnBW-Deal sah René Proglio als Banker keinen Interessenkonflikt. Das ließ er jetzt dem EnBW-Ausschuss schriftlich versichern.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart/Paris - Der Frankreichchef der Investmentbank Morgan Stanley, René Proglio, hat sich nun doch gegenüber dem Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal geäußert – allerdings nur indirekt. Auf zwei Schreiben des Gremiums mit zahlreichen Fragen reagierte der Zwillingsbruder des EdF-Chefs Henri Proglio jetzt mit einer Stellungnahme der Anwaltskanzlei von Morgan Stanley Deutschland. Die Kanzlei Hengeler Mueller (Düsseldorf) tritt darin vor allem Vorwürfen entgegen, es habe wegen der engen Verwandtschaft des Bankers und des Energiemanagers einen Interessenkonflikt gegeben. Ihre zentrale Begründung: der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) habe darüber Bescheid gewusst und keine Probleme damit gehabt.

 

Einen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags hatte René Proglio ebenso wie sein Bruder Henri abgelehnt. Während der EdF-Chef auf die laufende Schiedsklage des Landes gegen den französischen Stromkonzern verwies, weigerte sich der Investmentbanker mit der Begründung, er habe bei dem Geschäft keine große Rolle gespielt. Die bisherigen Darstellungen im Ausschuss über seine Rolle gingen weit auseinander: Mal hieß es, er sei nur ein Türöffner gewesen, mal wurde sein Einsatz als „extrem hilfreich“ geschildert. Zuletzt waren Erwartungen geweckt worden, René Proglio werde sich gegenüber dem Ausschuss wenigstens schriftlich erklären.

„Vollständige Transparenz“ über Verwandtschaft

An seiner Stelle äußert sich nun der für Morgan Stanley Deutschland tätige Rechtsanwalt Markus Meier. In einem vierseitigen Schreiben widerspricht er den „in der Öffentlichkeit diskutierten, jedoch unzutreffenden und unbegründeten Behauptungen zu angeblichen Interessenkonflikten“. Von Anfang an habe „vollständige Transparenz“ über die persönliche Beziehung zwischen den beiden Proglios geherrscht. Spätestens seit dem Abendessen mit ihnen und dem früheren deutschen Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis im November 2010 in Paris habe der damalige Regierungschef Mappus gewusst, dass es sich um Zwillingsbrüder handele. Gleichwohl habe er zu keiner Zeit Bedenken gegen René Proglios Mitgliedschaft in dem Team der Investmentbank erhoben, das das Land Baden-Württemberg beriet. Keine der internen Richtlinien von Morgan Stanley „verbietet die Beteiligung von Personen, die eine enge persönliche Beziehung zu einem Kunden oder zu einem Vertreter der Gegenseite haben“, betont Meier. Zweck der Regeln sei es, dass die Kunden in Kenntnis darüber einen solchen Berater akzeptieren oder zurückweisen könnten.

Auch im Blick auf die EdF bestreitet der Anwalt jeden Interessenkonflikt. Weder René Proglio noch ein anderer Mitarbeiter von Morgan Stanley habe die Franzosen bei der Transaktion beraten. Dass die Beratung der EdF im Zusammenhang mit der EnBW lange als Referenz auf der Internetseite von Morgan Stanley Frankreich gestanden hatte, war als Fehler eines Mitarbeiters bezeichnet worden.

Grüne werten Brief als „Ablenkungsmanöver“

Die Rolle René Proglios bei den Verhandlungen zum EnBW-Deal schildert der Anwalt als untergeordnet. Er habe zwar die Vorbereitung einer Telefonkonferenz unterstützt, aber an dieser nicht teilgenommen und auch sonst „keinerlei substanzielle Rolle“ gespielt. Im Zuge der Transaktion sei er „in einer beschränkten Anzahl von Fällen gebeten worden, bei der Lösung von bestimmten Themen . . . Unterstützung zu leisten“. Am Vorabend des Abschlusses sei er über die Klärung der kurzfristig aufgetretenen internen Probleme bei der EdF informiert worden und habe darüber Notheis unterrichtet.

Enttäuscht reagierte der Obmann der Grünen im Ausschuss, Ulrich Sckerl, auf das Anwaltsschreiben. Es sei ein „pures Ablenkungsmanöver“ und tauge nicht als Ersatz für die Befragung René Proglios im Ausschuss, sagte Sckerl der Stuttgarter Zeitung. „Nicht glaubwürdig“ nannte er die Behauptung, es habe kein Interessenkonflikt bestanden. Die Rolle Proglios werde entgegen den Tatsachen heruntergespielt. „Es liegen uns reihenweise E-Mails vor, die verdeutlichen, dass er immer, wenn es eng wurde, auf den Plan trat“, sagte der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer.