Weite Teile des Göppinger Gemeinderats sehen die kostspieligen Pläne von Oberbürgermeister Guido Till für die kommenden Jahre kritisch und schlagen sich auf die Seite des Kämmerers.

Göppingen - Die finanzielle Lage der Stadt Göppingen wird von weiten Teilen des Gemeinderats deutlich kritischer gesehen als von Oberbürgermeister Guido Till (CDU). Das ist bei der Erwiderung der Fraktionen auf die Einbringung des Etatentwurfs für das Jahr 2015 deutlich geworden. Darin hatte Till in Anbetracht der auf Rekordniveau sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen und der kräftigen Etatüberschüsse der vergangenen Jahre ein dickes Investitionsprogramm eingearbeitet.

 

Doch dessen Umfang stößt im Gemeinderat auf Skepsis. Nachdem man im Jahr 2014 die Konsolidierungsphase schon wieder beendet und auf Normalniveau geschaltet habe, lege man nun noch eine Schippe drauf, kritisierte der FDP/FW-Fraktionschef Klaus Rollmann. „Es entwickelt sich eine Ausgaben-Dynamik, die ihresgleichen sucht.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Wolfram Feifel sprach von „Träumen“ und verwies auf die Ausführungen des Kämmerers Rudolf Hollnaicher, der im Gegensatz zum OB vor allem die großen Risiken der künftigen Entwicklung betont hatte. „Wurden die beiden Reden“, also die von OB und Kämmerer, „eigentlich aufeinander abgestimmt?“, fragte Feifel und fügte sarkastisch hinzu: „Das frage ich besser nicht.“ Seine Antwort: Offenbar sei dies ein bewusstes Zeichen für den neuen Arbeitsstil an der Spitze der Stadt.

Die CDU erteilt Absolution

Insbesondere der vom OB vorgeschlagene Bau eines zweiten Verwaltungssitzes am Bahnhof steht demnach bei vielen Fraktionen unter einem gewaltigen Vorbehalt. Zwar hatte das Gremium bereits vor der Sommerpause einen Einstieg in die Planungen für das auf 30 Millionen Euro taxierte Projekt beschlossen. Dabei sei es aber wohlweislich nicht schon um einen Baubeschluss gegangen, betonte Feifel.

Eine pauschale Absolution erteilte lediglich der CDU-Fraktionsvorsitzende Felix Gerber. Die geplanten Vorhaben, also auch der Rathausbau, seien rentierlich und dazu geeignet, die Stadt auf die Zukunft vorzubereiten. Feifel mahnte hingegen eine „umfängliche und transparente Kosten-Nutzen-Analyse“ an. Vor allem die mit dem Verwaltungsneubau verbundene Tiefgarage am Bahnhof müsse auf den Prüfstand. „Ein weiteres Millionengrab, wie wir das beim Parkhaus Jahnstraße erlebt haben, kann sich die Stadt nicht leisten“, sagte Feifel. Fünf Millionen habe das Parkhaus gekostet, weitere fünf Millionen Defizit seien beim Betrieb in den vergangenen 25 Jahren entstanden. Der SPD-Finanzexperte Klaus Wiesenborn forderte, zunächst Klarheit über die Höhe der Zuschüsse zu schaffen. Die Bündelung der Verwaltungsstellen und die Schaffung zeitgemäßer Arbeitsplätze sei eine gute Idee. Für eine finanzielle Harakiri-Aktion stehe seine Fraktion aber nicht zur Verfügung. Schließlich gebe es viele andere wichtige Projekte.

Zieht auch die Feuerwehr an den Bahnhof?

Dazu gehört auch eine Sanierung der Feuerwache. Der Piraten-Stadtrat Michael Freche, der erstmals die Haushaltsrede für die gemeinsame Fraktion von Linken und Piraten (LiPi) hielt, regte an, bei einem Ja zu dem Rathausprojekt darüber nachzudenken, am Bahnhof auch eine neue Feuerwache anzusiedeln. Auch der Grünen-Sprecher Christoph Weber sprach sich dafür aus, nach einem neuen Standort für die Feuerwehrzentrale zu suchen.

Die Wache an der Friedrichstraße entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen und muss dringend umgebaut werden. „Wie will man die Wache sanieren und gleichzeitig den Betrieb aufrecht erhalten?“, fragte Weber. In diesem Zusammenhang kritisierten SPD, FDP/FW und LiPi, dass der neue Feuerwehrbedarfsplan immer noch nicht vorgelegt worden sei.

Die Wunschliste der Fraktionen

Die „völlig unnötige“ Zweitwohnungssteuer will die Union wieder abschaffen. Statt der erhofften 100 000 Euro bringt sie nur 30 000 Euro im Jahr ein. Dabei liegt der Aufwand laut Stadt fast ebenso hoch. Allerdings hat die Steuer dazu geführt, dass Karteileichen verschwanden und manche ihren Erstwohnsitz in der Stadt anmeldeten.

Sollte das Einkaufszentrumsprojekt in der Bleichstraße im kommenden halben Jahr nicht voran kommen, solle die Stadt dort mit einer Quartierentwicklungsplanung beginnen, fordert die SPD. Man könne sich nicht ewig auf Gedeih und Verderb an einen Investor binden. Für die Umgestaltung des Apostelareals solle die neue Stadtbildsatzung als Orientierung dienen.

Nachts Tempo 30 in Jebenhausen, ein generelles Lastwagendurchfahrtsverbot in Hohenstaufen und Fahrradparkplätze vor allen städtischen Gebäuden, lauten die Forderungen der Grünen. Außerdem wollen sie eine Erhaltungssatzung zum Schutz historischer Gebäude. „Den schnellen Abriss soll es nicht mehr geben.“

Ernsthaft soll der Bau eines Hotels an den Barbarossa-Thermen geprüft werden. Zudem fordert die Fraktion ein Parkierungskonzept für die ganze Stadt.

Auch die FDP/FW-Fraktion fordert ein Parkplatzkonzept für die gesamte Stadt. Zudem solle eine Parksanduhr eingeführt werden, die in der Innenstadt kurzes Parken kostenlos ermögliche.

40 000 Euro für den Breitbandausbau, 100 000 Euro für Feldwege: für Linke und Piraten (LiPi) ist das ein Missverhältnis. Auch im Hinblick auf Gewerbeansiedlungen brauche es mehr. Lipi fordert jährlich 500 000 Euro.