Grün-Rot ist bei der EnBW unter Zugzwang. Regierungschef Kretschmann will sich das Geld für eine Finanzspritze womöglich aus dem Ausland holen.

Stuttgart - Das Land Baden-Württemberg sucht angesichts des hohen Kapitalbedarfs für den teilstaatlichen Energiekonzern EnBW neue Investoren - auch im Ausland. Die Regierung schaue, „ob wir andere Kooperationspartner für die EnBW finden, die womöglich bereit sind, mit frischem Geld dieses Unternehmen voranzubringen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Dafür kämen Stadtwerke, regionale Energieversorger, aber auch ausländische Investoren infrage. „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht), sagte der Regierungschef. Er wollte nicht ausschließen, dass im Fall eines Einstiegs eines Investors das Land künftig weniger Anteile an der EnBW haben könnte als der andere Großeigner, der Kommunalverband OEW.

 

Die abgewählte schwarz-gelbe Regierung hatte Ende vergangenen Jahres den Kauf von 46,5 Prozent an der EnBW von dem französischen Staatskonzern EDF für knapp fünf Milliarden Euro damit begründet, es drohe der Einstieg ausländischer Unternehmen. Die EnBW schreibt wegen der staatlichen Energiewende und den abgeschalteten zwei Atomkraftwerken tiefrote Zahlen. Vorstandschef Hans-Peter Villis beziffert den Kapitalbedarf für neue Investitionen - vor allem in erneuerbare Energien - auf 800 Millionen Euro.

Mitten in einer Strategiedebatte

Kretschmann erklärte, das Land schließe eine Kapitalerhöhung in Höhe von 400 Millionen Euro, wie sie die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) am Montag bereits beschlossen haben, nicht aus. Man sei aber noch mitten in einer Strategiedebatte. „Es ist ja wohl logisch, dass man Geld erst gibt, wenn klar ist wofür.“ Es bestehe überhaupt kein Zeitdruck, da die Kapitalerhöhung erst im April bei der Hauptversammlung getätigt werden müsse. Angesichts der Haushaltslage müsse sich das Land aber auch nach anderen Geldgebern umschauen. Schließlich könne die Regierung nicht „mit einem vollen Geldsack durch die Gegend laufen“.

Kretschmann erklärte, grundsätzlich wolle das Land mit dem anderen Hauptaktionär, dem Kommunalverband OEW, auf Augenhöhe bleiben. „Wir streben mit der OEW einen Gleichstand an.“ Wenn andere Investoren hinzukämen, könnten sich die Besitzverhältnisse jedoch auch verändern. „Da sehe ich jetzt mal grundsätzlich kein Problem drin“, sagte der Regierungschef. Es sei aber auch denkbar, dass das Land und die OEW Anteile an andere Investoren abgeben. „Alles ist möglich“, sagte der Grünen-Politiker. Wichtig sei, Investoren zu finden, die zur EnBW passen. „Mein Bestreben ist, dass wir einheitlich zusammen mit der OEW handeln.“

Grundsätzlich zur Kapitalerhöhung bereit

Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erklärt, die Koalition sei grundsätzlich zu einer Kapitalerhöhung bereit. „Wenn die Strategie feststeht, treffen wir sicher eine Entscheidung zum Wohl des Unternehmens und der Arbeitsplätze“, sagte Schmiedel. Jedoch werde sich das Land nicht durch die Entscheidung der OEW unter Druck setzen lassen. „Die Strategie ist noch nicht so fundiert, dass man daraus Konsequenzen ziehen könnte“, sagte der SPD-Politiker.

Schmiedel schloss aus, dass der andere Großaktionär, die OEW, einen höheren Teil der Kapitalerhöhung stemmen werde. „Alle Entscheidungen werden einvernehmlich getroffen.“ Die OEW ist angeblich auch bereit, 600 Millionen Euro zu zahlen, wenn das Land nur 200 Millionen geben will. „Damit würde man die Grundposition aufkündigen, dass Land und Kommunen auf Augenhöhe sind“, sagte der SPD-Fraktionschef. Das Land wolle von Villis wissen, wie er die verstärkte Kooperation mit den Stadtwerken angehen wolle. Außerdem sei noch unklar, wo die EnBW in erneuerbare Energien investieren wolle - nur in Windparks auf hoher See oder auch im Land.