Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl geht nach dem EnBW-Skandal auf Distanz zu Stefan Mappus, räumt aber auch eigene Fehler ein. Seine Partei habe „eine der schwersten Bewährungsproben ihrer Geschichte“ zu bestehen und müsse sich von den Irrtümern der Vergangenheit frei machen.

Stuttgart – Die CDU ist Stefan Mappus allzu lange Zeit zu unkritisch gefolgt“, sagt dessen ehemaliger Generalsekretär und jetziger Nachfolger an der Parteispitze. Thomas Strobl äußert sich erstmals sehr kritisch auch zu eigenen Fehlern und falschen Strategien seiner Partei. Unter den baden-württembergischen Christdemokraten sei es fast sechs Jahrzehnte „geübte Praxis“ gewesen, die Regierung zu verteidigen. Strobl spricht über die unverantwortlichen Risiken, die Mappus bei dem EnBW-Geschäft eingegangen sei. Er habe auch in Kauf genommen, „das Land eigennützigen Interessen auszuliefern“. Der CDU-Landesvorsitzende sieht in der EnBW-Affäre allerdings auch „eine persönliche Tragödie“ des früheren Ministerpräsidenten.
Herr Strobl, wie groß ist der Flurschaden, den Stefan Mappus mit seinem EnBW-Geschäft in Ihrer Partei angerichtet hat?
Ein Jahr nach der verlorenen Landtagswahl hat die CDU Baden-Württemberg eine der schwersten Bewährungsproben ihrer Geschichte zu bestehen. Es wird ein sehr langer und sehr steiniger Weg werden. Wir müssen uns das Vertrauen der Bürger nun erst wieder langsam erarbeiten. Einen Anfang dazu haben wir gemacht, indem wir für eine vollständige Aufklärung eingetreten sind und darauf gedrängt haben, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen Untersuchungsausschuss im Landtag einzurichten.

Wäre jetzt nicht die Zeit, sich generell einmal kritisch mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen?
Ich halte weder von Abrechnungen noch von Generalabrechnungen etwas, sondern will mich an Fakten orientieren. Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass es weder einen Zeitdruck noch einen Grund gab, beim Rückkauf der EnBW-Anteile auf eine detaillierte Unternehmensbewertung zu verzichten. Demnach wurde dabei offenbar ein sehr hohes Risiko eingegangen. Auch der zwischenzeitlich bekannt gewordene E-Mail-Verkehr zwischen Dirk Notheis und Stefan Mappus erweckt den Eindruck, dass der Ministerpräsident die Kontrolle über dieses Milliardengeschäft gewissermaßen aus der Hand gegeben hat und damit riskiert hat, das Land eigennützigen Interessen auszuliefern. Damit ist für die Glaubwürdigkeit von Politik ein schwerer Schaden entstanden – und natürlich auch für die CDU.

Sie hören sich so an, als habe damals nicht die CDU regiert, sondern Stefan Mappus ganz alleine. Welche Mitverantwortung tragen Sie persönlich und alle anderen, die damals Partei- und Regierungsämter hatten?
In das EnBW-Geschäft war nur ein ganz kleiner Kreis von Personen eingeweiht. Auch ich habe erst von dem Rückkauf erfahren, als er vollzogen war und öffentlich bekannt wurde. Eine Handvoll Personen haben das sehr einsam entschieden – an der eigenen Landesverwaltung, am Parlament und auch an den Gremien der Partei vorbei. Richtig ist aber auch, die CDU ist Stefan Mappus allzu lange Zeit zu unkritisch gefolgt. Das gilt auch für mich persönlich. Das war aus heutiger Sicht ein Fehler.

Wie konnte es dazu kommen?
Wir sind dem Ministerpräsidenten gefolgt, weil es über sechs Jahrzehnte eine geübte Praxis war, Kritik an der Regierung abzuwehren. Davon müssen wir uns jetzt ein Stück weit frei machen. Wir sollten auch angesichts der heftigen Angriffe der politischen Gegner nicht der Versuchung erliegen, weiter etwas zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist.