Die Grünen sind auf der Suche nach einem geeigneten Bewerber für die Wahl des Stuttgarter Oberbürgermeisters fündig geworden – wobei die Basis das letzte Wort hat.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Stuttgart - Schneller als gedacht ist bei den Grünen in Stuttgart die Zeit der Spekulation vorüber, wer für die Partei bei der Oberbürgermeisterwahl im Oktober antreten könnte. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung steht der Bundestagsabgeordnete Fritz Kuhn bereit, der bundesweit einer der profiliertesten Politiker seiner Partei ist. Auf Anfrage bestätigte der 56-Jährige, für eine Kandidatur zur Verfügung zu stehen – sofern die Findungskommission der Grünen seine Bewerbung unterstütze. Wichtig sei ihm auch zu betonen, dass die Entscheidung selbst dann der Mitgliederversammlung der Grünen obliege. Diese soll am 15. März über den Kandidaten für die OB-Wahl entscheiden.

 

Kuhn will sich kommenden Donnerstag bei der nächsten Sitzung der Findungskommission präsentieren. Und da wolle er im Moment nicht vorgreifen. Deshalb nur so viel: Er rechne sich, sofern er von der Partei nominiert werde, gute Chancen aus, den Chefsessel im Rathaus zu erobern. Allerdings stelle diese Aufgabe auch und gerade nach der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 eine Herausforderung dar.

Zuletzt sah es so aus, als täten sich die Grünen schwer bei der Bewerbersuche. Erst dieser Tage hatte auch die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, die als potenzielle Kandidatin gehandelt worden war, offiziell abgesagt . Eine Bewerbung offengehalten hatten sich bis zuletzt der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der intern aber früh signalisiert haben soll, nach dem Verzicht von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) auf eine erneute Kandidatur kein Interesse an einer Bewerbung in der Landeshauptstadt zu haben.

Kuhn hat die Grünen über Jahre hinweg geprägt

Mit Fritz Kuhn steht nun ein erfahrener Politiker parat, der die Grünen über Jahrzehnte hinweg geprägt hat. Geboren ist der Sprachwissenschaftler 1955 in Bad Mergentheim. Seine politische Laufbahn begann er bei der SPD, trat dort aber 1978 wegen der Politik Helmut Schmidts wieder aus. 1980 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Grünen in Baden-Württemberg, deren Landesvorstand er angehörte und deren Farben er lange Jahre als Landtagsabgeordneter und Grünen-Fraktionsvorsitzender vertrat. In dieser Zeit, da er den Filderwahlkreis bearbeitete, hat Kuhn zwölf Jahre lang in Stuttgart gelebt. Damals, in den 1990er Jahren, setzte er sich unter anderem intensiv mit Stuttgart 21 auseinander und forderte immer wieder, Alternativen wie die Modernisierung des bestehenden Kopfbahnhofs oder eine sogenannte Kombivariante zu prüfen – allerdings ohne Erfolg. Bei den jüngsten Auseinandersetzungen über das umstrittene Milliardenprojekt hat Kuhn jedoch keine Rolle gespielt. Mit der Kandidatur wäre für ihn eine „Heimkehr“ verbunden, sagt er, der sich selbst „eine gute Mischung aus Nähe und Distanz zu Stuttgart“ attestiert.

Auf Drängen Joschka Fischers war Fritz Kuhn im Jahr 2000 in die Bundespolitik gewechselt und hat in der Folge als Bundesvorsitzender zusammen mit Renate Künast und später Claudia Roth maßgeblich mit zur Erneuerung seiner Partei beigetragen. Seit 2002 sitzt er für den Wahlkreis Heidelberg im Berliner Bundestag. 2005 managte er den Bundestagswahlkampf der Grünen – und übernahm danach auch den Fraktionsvorsitz der Partei im Parlament. Inzwischen ist er stellvertretender Fraktionschef und politischer Koordinator des wichtigen sogenannten Arbeitskreises I, der sich mit Wirtschaftsfragen befasst. Inhaltlich hat sich Kuhn in den vergangenen Jahren vor allen Dingen mit wirtschafts- und finanzpolitischen Themen profiliert und sich dabei immer wieder für eine enge Verzahnung von Ökonomie und Ökologie starkgemacht.

Innerparteilich musste Kuhn zuletzt allerdings auch Rückschläge hinnehmen. So 2008, als er überraschend nicht mehr in den Parteirat gewählt wurde. Seinem Ansehen hat das aber nicht geschadet. Zuletzt war er auch von den Karlsruher Grünen für eine OB-Kandidatur angefragt worden, hatte dort aber Mitte Januar abgesagt.

Im zweiten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit

Fest steht, dass Stuttgarts neuer Oberbürgermeister am 7. Oktober gewählt wird. Sollte an diesem Sonntag keine Entscheidung fallen, weil einer der Bewerber mindestens 50 Prozent der Stimmen erhalten muss, folgt zwei Wochen später ein zweiter Wahlgang. In diesem Fall reicht dann die einfache Mehrheit der Stimmen. Die Grünen und die SPD hatten zuletzt angekündigt, auf jeden Fall einen Rathauschef mit CDU-Parteibuch verhindern zu wollen. Gesprochen worden ist bereits über eine mögliche Strategie, wonach der im ersten Wahlgang schwächere Bewerber der beiden Parteien für den zweiten Wahlgang zurückziehen könnte.