OB Fritz Kuhn will den Nahverkehr verbessern, um die Schadstoffwerte zu senken. Die CDU hingegen will die großen Straßen untertunneln. Die City soll weiträumig umfahren werden.

Stuttgart - Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) sieht die Stadt bei der Bekämpfung von Umweltgiften auf einem guten Weg, Stuttgart sei mitnichten die „Dreckhauptstadt“. An allen Messstationen würden die Grenzwerte für Feinstaub gelegentlich unterschritten, und die Bilanz für dieses Jahr falle nicht schlechter aus als die für 2014. „Fast mehr Sorgen“ bereiteten ihm die Stickoxide. Der Grenzwert fürs Jahresmittel würde wohl auch in diesem Jahr ums Doppelte überschritten.

 

Kuhn stellte in einer Sitzung von Verwaltungs- und Technikausschuss seine Vorhaben zur Luftverbesserung und die zum Haushalt angemeldeten Maßnahmen zur Diskussion. Er betonte: „Stuttgart ist keine fahrradfreundliche Stadt“ – mit einem Anteil von fünf bis sechs Prozent am Verkehrsaufkommen „kommen wir nicht weit“. Deshalb habe er in seinen Haushaltsentwurf 3,6 Millionen Euro eingestellt. Außerdem wolle er mehr Tempo-40-Zonen einrichten und die E-Mobilität fördern. Die Subventionierung umsteigewilliger Taxifahrer stößt aber bei einigen Fraktionen auf Kritik. An die Adresse der Stadträte gerichtet, sagte Fritz Kuhn, wer eine seiner Maßnahmen ablehne, müsse eine gleichwertige Alternative benennen. Schließlich streite man nicht mehr „über das Ob, sondern nur noch über das Wie“.

Kuhn ärgert sich über die S-Bahn

Fritz Kuhn setzt in erster Linie auf den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV), um sein Ziel zu erreichen, die Zahl der Autofahrten bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Der ÖPNV stoße aber im Berufsverkehr an seine Grenzen, und eine Ausweitung des Fahrplans sei nicht finanzierbar. Die S-Bahn habe wegen ihrer Unpünktlichkeit zudem ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der Vorstand der Stuttgarter Straßenbahnen AG hat in der Sitzung auf die Finanzierungsprobleme hingewiesen (siehe „Stadt will mehr Geld für ÖPNV locker machen“).

Nur kurz ging Kuhn auf den VW-Skandal ein: Der Anteil an Fahrzeugen des Konzerns in Stuttgart mache 20 Prozent aus. Es gebe kaum Verbesserungen über die Jahre, weil die Autos nicht sauberer geworden seien. Mercedes und Porsche hätten dagegen ein großes Interesse an einem sauberen Stuttgart: „Deren Autos verkaufen sich doch schlechter, wenn sie aus einer dreckigen Stadt kommen.“

Kaminbesitzer sollen den Ofen aus lassen

Der grüne OB behält sich vor, von Januar an bei luftaustauscharmen Inversionswetterlagen Feinstaubalarm auszulösen. Dann ergehe ein Appell an die Autofahrer in der Metropolregion als Hauptverursacher der Verschmutzung, nicht mit dem Auto nach Stuttgart zu fahren. Außerdem würden Besitzer von „Komfortkaminen“ aufgefordert, damit nicht zu heizen. Auf Freiwilligkeit setzt die Stadt nur in den nächsten beiden Jahren. Dann drohten etwa Fahrverbote.

CDU-Chef Alexander Kotz sagte, es werde bereits viel getan, um die Luftsituation zu verbessern. Die Union unterstütze den Radwegeausbau, aber nicht dort, wo der Autofahrer danach im Stau stünde. Um den Verkehr aus der Stadt herauszuhalten, setzt Kotz weiter auf Umfahrungsstraßen – das sei aber eine Vision –, sowie auf einen Umbau der Friedrichswahl in Zuffenhausen. Außerdem kann er sich vorstellen, nach Fertigstellung von Stuttgart 21 innerstädtische Straßen in großem Stil zu untertunneln. SPD-Chef Martin Körner zeigte sich „maßlos enttäuscht“ vom neuen Nahverkehrsplan. Kuhn spreche darin lediglich vom Erhalt des Status quo beim ÖPNV. Dabei sei eine Ausbauoffensive nötig. SÖS-Linke-Plus teilt diese Einschätzung. Christoph Ozasek plädierte zudem für eine Entschleunigung des Verkehrs, Tempo 30 und verkehrsberuhigte Bereiche. Die S-Bahn brauche mehr Tangentiallinien wie die Schuster- und die Panoramabahn. Die Unpünktlichkeit begründete er unter anderem mit dem Projekt Stuttgart 21.