In den Parteien beginnt die Suche nach aussichtsreichen Bewerbern für die OB-Wahl im Herbst. Noch gibt es keine Favoriten.

Stuttgart - Bis Montag ist es eine Entscheidung von Wolfgang Schuster gewesen, unter welchen Vorzeichen die OB-Wahl im Herbst verlaufen wird. Jetzt, nach Schusters Absage an eine dritte Kandidatur , sind die Parteien am Zug. Die ersten Namen bei der Union und den Grünen, die sich bei der OB-Wahl aller Voraussicht nach ein Duell liefern, werden in die Runde geworfen, andere gleich abgeschrieben.

 

Der Stuttgarter CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann hat angekündigt, dass die Findungskommission der Union Ende Februar ihren Vorschlag präsentieren werde (siehe Interview). Man befasse sich mit der Sache „seit Wochen im engsten Schulterschluss mit der Stuttgarter CDU“, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl. „Wir sollen bei der Bewerbersuche den Blick ganz weit offen haben und jegliche Scheuklappen weglassen“, sagte der CDU-Landeschef. Er wollte nicht einmal ausschließen, dass sich die Parteien in Stuttgart auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen könnten. „Es gibt in Stuttgart eine Sehnsucht nach Frieden“, sagte Strobl.

CDU-Mitglieder weisen darauf hin, dass man die CDU-Oberbürgermeister im Land und vor allem in der Region ins Auge fassen solle. Und dann geht man davon aus, dass eine Reihe von Mitgliedern der abgewählten CDU-Regierung Mappus Ambitionen hätten, das Amt zu besetzen.

Werner Spec winkt ab

Was die Oberbürgermeister angeht, fallen zwei, die früher genannt wurden, weg: Werner Spec aus Ludwigsburg, der unlängst wiedergewählt wurde, winkt ab; Christoph Palm, OB von Fellbach, hat erklärt, dass er kein Interesse habe. Ambitionen unterstellt werden dem Sindelfinger OB Bernd Vöhringer und dem Backnanger Frank Nopper. Was ehemalige Regierungsmitglieder angeht, hält sich der Name des früheren Kulturstaatssekretärs Dietrich Birk, mit dem offenbar Gespräche geführt wurden.

Klare Antworten kommen von zwei Frauen, denen Interesse nachgesagt wurde: „Ich werde mich nicht bewerben“, sagt die Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Maag, die früher Schusters OB-Büro geleitet hat. Die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann will eine Kandidatur hingegen nicht ausschließen. „Ich habe schon bei meiner Kreistagskandidatur nicht ausgeschlossen, mich für diese Position zu interessieren.“

Der Entschluss von Wolfgang Schuster hat nicht nur in seine eigene Partei Bewegung gebracht. Weil nun klar ist, dass die CDU mit einem neuen Kandidaten in den Wahlkampf ziehen wird, sortieren sich die Konkurrenten: Nach den Ergebnissen der Landtags- und Kommunalwahlen gilt ein Grünen-Kandidat als Mitfavorit für das Amt. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass Schlachten von gestern im Herbst noch einmal geschlagen werden: Dass Boris Palmer erneut antritt, ist unwahrscheinlich. Offiziell belässt es der Tübinger Oberbürgermeister bei Floskeln: Er wollte sich gestern nicht zur Kandidatensuche seiner Partei in Stuttgart äußern. Doch kaum jemand erwartet, dass Palmer einen zweiten Anlauf unternimmt – offensichtlich ist er zur Überzeugung gelangt, dass ihm seine Rolle als führender Kopf unter den Gegnern von Stuttgart 21 keinen Vorteil verschaffen würde. Ganz im Gegenteil.

Werner Wölfle rückt wieder auf die Liste

Bei den Grünen soll eine Kommission eine Persönlichkeit finden, die das Zeug zum ersten Grünen-OB in der Landeshauptstadt besitzt. In diesem Gremium sitzen die Stuttgarter Landtagsabgeordneten, sowie der Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle , der Chefstrippenzieher Klaus-Peter Murawski aus der Staatskanzlei und die beiden Fraktionsvorsitzenden aus dem Rathaus.

Durch den Rückzug seines Chefs Wolfgang Schuster rückt Werner Wölfle wieder auf die Liste der Kandidaten. „Ich gehöre zu den bekannten Gesichtern der Partei in der Stadt“, sagt Wölfle, „es wäre falsch, jetzt von vorneherein zu sagen, dass ich das auf keinen Fall machen will.“ Wölfle hat bei Wahlen für die Grünen als Stimmkönig schon bewiesen, dass er gute Ergebnisse holen kann. Aber auch er ist eng mit dem Streit über Stuttgart 21 verknüpft.

Das gilt für Muhterem Aras weitaus weniger. Die Landtagsabgeordnete hat mit Werner Wölfle die Grünen-Fraktion im Rathaus geführt. Bei den Landtagswahlen hat sie ein Rekordergebnis erzielt. Aras verkörpert mit ihrer Biografie eine erfolgreiche Integrationsgeschichte – sie kam als Zwölfjährige aus einem anatolischen Dorf nach Deutschland und leitet heute ein Steuerberatungsbüro. Zwei weitere Frauen sind im Gespräch: Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Mitte, wäre eine Kandidatin, die im bürgerlichen Lager Chancen hätte. Über sie und mit ihr soll bei den Grünen diskutiert worden sein – genau wie über Kerstin Andreae: Die Freiburger Bundestagsabgeordnete ist die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen.

So viele Namen wie bei den Grünen kursieren bei den Sozialdemokraten nicht. Bei der SPD bekommen die meisten Kandidaten in Parteikreisen den Stempel „unwahrscheinlich“. Dies gilt für die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender – auch sie ist durch Stuttgart 21 vorbelastet. Zweifel bestehen auch an den Ambitionen des Esslinger OB Jürgen Zieger, dessen Name oft fällt, wenn über SPD-Kandidaten spekuliert wird. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Kumpf, die älter ist als Wolfgang Schuster, wird nicht erneut antreten.