Piepende Türen, "verhaltensgestörte Personen" und Ballons in den Oberleitungen: S-Bahn-Nutzer in Stuttgart müssen einiges aushalten. Welche Dinge einen beim S-Bahn-Fahren in den Wahnsinn treiben - ein nicht ganz ernst gemeinter Überblick.

Stuttgart - Täglich nutzen nach Angaben der Deutschen Bahn rund 389.000 Menschen die S-Bahn in Stuttgart und der Region (Stand: 2013), um zur Arbeit, zur Schule oder zum Einkaufen zu kommen. Nicht selten sind die roten Züge schneller als das Auto, man spart sich die lästige und teure Parkplatzsuche und 83 Haltestellen auf sieben Linien im VVS-Gebiet bieten ein dichtes Nahverkehrsnetz. So weit, so gut - doch es gibt Momente, die S-Bahn-Nutzer zur Verzweiflung bringen.

 

1. Etwas eigenwillige Interpretation von Pünktlichkeit

Geduld ist das oberste Gebot, wenn man mit der S-Bahn fahren will. Sie ist ein bisschen wie eine Diva - sie kommt, wann sie will, an Fahrpläne hält sie sich nicht immer.

Laut offizieller Statistik der Deutschen Bahn waren im November 2014 81,3 Prozent aller S-Bahnen weniger als drei Minuten verspätet, 94,3 Prozent der S-Bahnen hatten weniger als sechs Minuten Verspätung. Das Info-Portal s-bahn-chaos.de ermittelt aus dem Live-Fahrplan der DB Regio für Dezember 2014 eine 3-Minuten-Pünktlichkeit von 80 Prozent und eine 6-Minuten-Pünktlichkeit von 93,6 Prozent.

Auch eine Taktik der Bahn: Wenn mal eine S-Bahn pünktlich kommt, freut man sich darüber um so mehr.

2. Epische Bandbreite an möglichen Störungen

Stellwerkstörungen, Signalstörungen, Weichenstörungen, Streckensperrungen, Personen im Gleis: Die Unpünktlichkeit der S-Bahn hat natürlich ihre Gründe. Wir haben uns ja schon beinahe daran gewöhnt, dass der VVS via Twitter beinahe täglich solche Meldung mit dem Hinweis verbreitet, dass es zu Teilausfällen und Verspätungen kommen kann.

Doch ein so komplexes technisches Wunderwerk wie die S-Bahn ist natürlich für weitere Probleme anfällig. Wenn beispielsweise Brandmelder an der Station Flughafen verrückt spielen, kann das schon mal den Nahverkehr lahm legen. Auch Luftballons sind nicht so harmlos wie sie aussehen. Gleich drei Mal kam es im vergangenen Jahr zu Ausfällen und Verspätungen, weil metallbeschichtete Ballons in die Oberleitung geflogen waren und einen Kurzschluss verursachten (am 4. September, am 1. Oktober und am 13. Dezember). Einmal musste die Polizei sogar einen Ballon mit Waffengewalt von der Decke holen.

Aktuelle Störungen bei S- und Stadtbahn gibt es übrigens hier.

3. Piep, piep, piep

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Klimatisiert, mit Fahrplan-Display und modern: Die seit April 2013 auf den Linien S1, S2 und S3 eingesetzten neuen S-Bahn-Züge der Baureihe 430 sind wirklich schick. Dass es anfangs arge Probleme mit den Schiebetritten gab und diese schließlich abgeschaltet werden mussten, blenden wir lieber mal aus. Was aber wirklich, wirklich nervt: Das Gepiepe der Türen. Wenn sie aufgehen, schallt ein schriller Dauerton durch die Waggons. Bevor sie zugehen, warnt ein hektisches "Piep, piep, piep". Diese Geräuschkulisse an jeder Haltestelle geht einem fast noch mehr auf den Geist als das fast durchgängige Handy-Gesülze von Mitfahrern, bei dem man Dinge erfährt, die man eigentlich gar nicht so genau wissen will.

4. Zwischen Uni und Schwabstraße: eine gefühlte Ewigkeit

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Um vom Stadtrand in den Kessel zu gelangen, muss man schon ein bisschen Zeit einplanen (nicht nur wegen der potentiellen S-Bahn-Verspätungen). 5,5 Kilometer Tunnel und sechs Minuten liegen zwischen den Haltestellen Universität in Vaihingen und Schwabstraße im Stuttgarter Westen. Klingt eigentlich nicht lang - und doch fühlt es sich wie eine Ewigkeit an. Vermutlich auch deshalb, weil man auf der Strecke eine Tarifzonengrenze (zwischen 10 und 20) überwindet und nicht selten Fahrkartenkontrollen stattfinden. Wer wirklich nur von der Uni zur Schwabstraße will (oder umgekehrt), für den gilt übrigens trotz der gefühlten Ewigkeit der Kurzstreckenpreis von 1,20 Euro. Da kriegt der Schwabe noch was für sein Geld.

5. An der Schwabstraße aussteigen - und merken: die Rolltreppe geht nicht

Der Mensch ist ja grundsätzlich eher faul, von daher sind Rolltreppen eine feine Erfindung. Und es gibt Stellen im VVS-Gebiet, wo sie von besonderem Nutzen sind, dort, wo selbst sportliche Menschen beim Treppensteigen ins Schwitzen kommen. Eine solche Stelle ist der S-Bahn-Ausgang Seyffertstraße an der Haltestelle Schwabstraße. Ganz fies also, wenn man dort hoch muss und weder Rolltreppe noch Aufzug funktionieren (für Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen ist das nochmal eine ganz andere Problematik).

6. Erlebnisfahrten während der Wasenzeit

Ein Geruchsmix aus Alkohol, Schweiß und Erbrochenem sowie schwer Betrunkene in Dirndl und Lederhosen: Wer sich mal richtig gruseln will, der muss nur während des Frühlings- oder Volksfestes auf dem Cannstatter Wasen die S- (oder Stadt-)Bahn nehmen. Das ist nicht nur für die nicht-alkoholisierten Fahrgäste regelmäßig eine Zumutung - wir sind auch ganz schnell wieder bei Punkt Nummer 2. Ein generverter Bahn-Mitarbeiter ließ im Oktober 2014 deshalb kurzerhand folgenden Warnhinweis über die Anzeigetafeln der S-Bahn laufen:

 

7. Erst einsteigen, dann aussteigen lassen

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Endlich angekommen, die Türen gehen auf (siehe Punkt 3) - und man hat das Gefühl, nicht in der S-Bahn, sondern auf einem Rugbyfeld zu stehen und von der gegnerischen Mannschaft angegriffen zu werden. Scheint gar nicht so einfach, sich die richtige Reihenfolge zu merken, deshalb hier nochmal zur Erinnerung: Menschen erst aussteigen lassen, bevor man selbst einsteigt. Das macht ja auch Sinn, wenn man mal kurz drüber nachdenkt (und würde auch ein kleines bisschen zur Verbesserung von Punkt 1 beitragen).