Das 0:3-Debakel gegen 1899 Hoffenheim hat Folgen: Der Anhang des VfB Stuttgart ist richtig wütend und Bruno Labbadia geschwächt. Der Trainer steht von nun an unter genauer Beobachtung der Vereinsführung.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Ganz zum Schluss marschieren die VfB-Spieler immerhin einmal mutig nach vorne. Da ist das Spiel gegen Hoffenheim allerdings schon abgepfiffen. Die Stuttgarter Profis laufen zum Cannstatter Block, wo sie vor aufgebrachten Fans Abbitte leisten wollen für einen indiskutablen Bundesliga-Auftritt. Die Pfiffe werden aber so nur noch lauter. Entschuldigung nicht angenommen.

 

Die 0:3-Demonatge hat Folgen, das wird allerspätestens in diesem Moment deutlich, als sich die Fans erstmals in dieser Saison von ihrer Mannschaft abwenden. Der Sportdirektor Fredi Bobic sagt deshalb auch: „Wir haben Kredit verspielt.“ Das gilt für die Mannschaft ebenso wie für den Trainer Bruno Labbadia, und der weiß: „Jetzt kommt Hektik auf, jetzt kommt Polemik auf.“ Als weitere Indikatoren für eine ausgewachsene Krise sind Bobic’ Durchhalteparole „Ruhe bewahren“ und das Training heute unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu bewerten. Und dazu noch die vielen Fragen, die die Partie gegen Hoffenheim aufwirft.

War Bremen die positive Ausnahme?

So kann man durchaus intensiv darüber nachdenken, ob die gute zweite VfB-Halbzeit beim vorangegangenen 2:2 in Bremen nicht vielleicht doch nur so etwas wie die positive Ausnahme war – und die Regel eher die schwachen bis niederschmetternden Auftritte gegen Wolfsburg (0:1), Bayern (1:6), Düsseldorf (0:0) und nun gegen 1899 Hoffenheim.

Das Spiel am Mittwoch stellt auch die Arbeit des Trainers infrage. Was für eine Taktik und welche Philosophie verfolgt Bruno Labbadia eigentlich? Zu erkennen waren nur verunsicherte, ideenlose Spieler, die in ein lähmendes Schema gepresst zu sein scheinen. Und dann saß auch noch Ibrahima Traoré zunächst nur auf der Bank. Ausgerechnet jener Stuttgarter Spieler, der in Bremen für so viel frischen Wind gesorgt hatte. Nachdem Traoré und auch der von Labbadia lange Zeit außen vor gelassene Nachwuchsmann Raphael Holzhauser in dieses große Stuttgarter Chaos eingewechselt wurden, sind auch sie jetzt nicht mehr unbelastet.

Labbadias Entlassung im Moment kein Thema

Schon länger belastet ist offenbar das Verhältnis zwischen der Mannschaft und dem Trainerteam, was mit Eddy Sözer in Zusammenhang gebracht wird. So sollen einige VfB-Spieler zunehmend allergisch auf die selbstbewusste Art des Co-Trainers reagieren. Das darüber nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand im Verein gesprochen wird, ist auch so eine Folge der Pleite gegen Hoffenheim, die Bruno Labbadia schwächt – genau wie seine eigene Feststellung: „Wir haben uns nicht als Mannschaft präsentiert.“ Eine Aussage, die den Verdacht nahelegt, dass die Mannschaft auseinanderdriftet, dass Eigeninteressen die Oberhand gewinnen.

„Das alles erinnert mich an die Situation vor zwei Jahren“, sagt der VfB-Stürmer Cacau. Damals hieß der Trainer Christian Gross. Im Unterschied zu Bruno Labbadia hatte der damals nach fünf Spieltagen allerdings schon einen Sieg auf dem Konto (7:0 gegen Mönchengladbach). Was den Schweizer nicht davor bewahrte, nach sieben Spieltagen entlassen zu werden. Die Trennung von Bruno Labbadia ist in der Chefetage im Moment kein Thema. Aber genauer beobachtet wird dort die Arbeit des Trainers nach dem Auftritt gegen Hoffenheim mit Sicherheit. Zumal dem VfB als Tabellen-17. vor dem Spiel am Samstag in Nürnberg Gefahr läuft, den Anschluss zu verlieren.

Historischer Fehlstart

Nach zwei Blamagen (in München, gegen Hoffenheim) und dem historischen Fehlstart – mit fünf sieglosen Spielen hat der VfB noch nie eine Bundesligasaison begonnen – droht weiteres Ungemach. Die Mannschaft spielt das Stadion gerade langsam, aber sicher leer. Das Gemurkse gegen Hoffenheim wollten nur noch 41 000 Zuschauer sehen, davon 30 000 Dauerkartenbesitzer. Von einer ausverkauften Mercedes-Benz-Arena ist der VfB gerade ähnlich weit entfernt wie Bruno Labbadia von der Verlängerung seines am Saisonende auslaufenen Vertrages.

Eine weitere Folge des Hoffenheim-Spiels ist, dass die Clubführung um den Präsidenten Gerd Mäuser einen Notplan aufstellen muss. Und der könnte enthalten, dass die Mannschaft in der Winterpause verstärkt werden muss. Das hieße für Mäusers Bilanz aber: ade, schwarze Null. Und das dürfte dem sparwilligen Präsidenten gar nicht gefallen. Was ihm auch nicht gefallen wird: dass sogar die Gegner schon ihre Anteilnahme äußern. So sagte Hoffenheims einst beim VfB entlassener Trainer Markus Babbel: „Der VfB tut mir leid.“ Höchststrafe – wer vom Gegner bemitleidet wird, hat echte Probleme.